Ausweg Kurzarbeit? – Q & A

Nachdem sie in den vergangenen guten wirtschaftlichen Jahren ein Schattendasein fristete, ist sie nun in den Zeiten der Corona-Krise wieder in aller Munde: Die Kurzarbeit.

Letztmalig in der Finanzkrise 2008/2009 war die Kurzarbeit ähnlich präsent wie momentan. Seitens der Bundesregierung wird die Kurzarbeit als Mittel zur Lösung der Krise angeführt und es wurden auch dementsprechend bereits sehr wichtige Erleichterungen bei der Einführung der Kurzarbeit durch den Gesetzgeber auf den Weg gebracht. Anschließend an unseren vorangegangenen Newsletter vom 13. März 2020, welcher sich der arbeitsrechtlichen Situation im Allgemeinen widmete, möchten wir nunmehr mit diesem Beitrag einen Überblick über das Instrument der Kurzarbeit, deren Voraussetzungen und die zu bewältigenden Hürden bieten.

1. Was ist Kurzarbeit?
Genau genommen verbergen sich hinter dem Stichwort „Kurzarbeit“ zwei Dinge: Auf der einen Seite wird unter diesem Stichwort die arbeitsrechtliche Anordnung einer verringerten Arbeitszeit gegen entsprechend verringerte Vergütung verstanden und auf der anderen Seite die Gewährung von sogenanntem „Kurzarbeitergeld“ nach den Bestimmungen des SGB III.

Die Arbeitszeitreduzierung erfolgt aufgrund unvermeidbaren und vorübergehenden Arbeitsausfalls, der entweder auf wirtschaftlichen Ursachen oder einem unabwendbaren Ereignis, wie der gegenwärtigen Corona-Krise, beruht. Aufgrund der Verringerung der Arbeitszeit spart sich der Arbeitgeber die Vergütung, was gerade in den gegenwärtigen Krisenzeiten die notwendige Luft zum „Atmen“ verschafft.“

Die Lohneinbußen des Arbeitnehmers werden hingegen von dem Kurzarbeitergeld aufgefangen. Die Nettolohndifferenz wird zu 60 % von der Agentur für Arbeit ausgeglichen. Bei Arbeitnehmern mit Kindern wird die Lohndifferenz zu 67 % ausgeglichen.

Vom Grundkonzept ist die Kurzarbeit also ein faires und durchaus sinnvolles Instrument zur Überbrückung vorübergehender schwieriger wirtschaftlicher Situationen.

2. Was sind die Voraussetzungen zur Einführung der Kurzarbeit gegenüber den Mitarbeitern?
Eine der wesentlichen Hürden bei der Einführung von Kurzarbeit für den Arbeitgeber wird das Vorliegen einer Rechtsgrundlage sein, welche den Arbeitgeber zur Anordnung von Kurzarbeit berechtigt. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber nicht einseitig Kurzarbeit anordnen. Ein solches Recht ergibt sich jedenfalls nicht aus seinem allgemeinen Direktionsrecht. Die Berechtigung muss sich entweder aus dem Arbeitsvertrag selbst, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben. Sofern der Arbeitgeber unter einen Tarifvertrag fällt, bestehen gute Chancen, dass sich hieraus eine entsprechende Berechtigung ergibt. Auch für den Fall, dass im Unternehmen ein Betriebsrat tätig ist, kann ggf. bei vertrauens-voller Zusammenarbeit schnell gehandelt und eine entsprechende Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden.

Schwieriger wird es in Unternehmen sein, die weder in den Anwendungsbereich eines Tarifvertrages fallen noch einen Betriebsrat haben. In diesen Fällen kann sich die Berechtigung zur Einführung von Kurzarbeit allenfalls aus dem Arbeitsvertrag selbst ergeben. Problematisch ist insofern, dass die wenigsten Arbeitsverträge eine solche Klausel zur Kurzarbeit enthalten. Hier wird es erforderlich sein, über eine Einverständniserklärung der Arbeitnehmer die Kurzarbeit einzuführen. Insoweit kommt es vielfach mehr denn je auf eine gute Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an, um die Krise gemeinsam zu bewältigen. Letztendlich haben die Arbeitnehmer ein existenzielles Eigeninteresse an der Einführung von Kurzarbeit, damit es nicht zu Kündigungen kommen muss. Auf diesen Faktor muss gebaut werden.

Sollten seitens der Arbeitnehmer jedoch keine Kompromisse eingegangen werden, muss die Einführung der Kurzarbeit notfalls mit ordentlichen bzw. außerordentlichen Änderungskündigungen durchgesetzt werden.

Es zeigt sich, dass insbesondere im Bereich der arbeitsrechtlichen Einführung von Kurzarbeit einige Unwägbarkeiten bestehen und es keine pauschalen Lösungen geben kann. Wichtig sind maßgeschneiderte Vorgehensweisen, die die Verhältnisse in den jeweiligen Betrieben im Einzelfall berücksichtigen und viel Fingerspitzengefühl erfordern.

3. Welche betrieblichen Voraussetzungen müssen für das Kurzarbeitergeld erfüllt werden?
Zunächst einmal ist es erforderlich, dass ein erheblicher Arbeitsausfall eingetreten ist. Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, er nicht dauerhaft ist, unvermeidbar war und im jeweiligen Kalendermonat mindestens 1/10 der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttogehalts betroffen waren.

Die Bundesagentur für Arbeit hat bereits in unterschiedlichen Pressemitteilungen zum Ausdruck gebracht, dass Coronabedingten Entgeltausfällen bzw. Arbeitsausfällen grundsätzlich mit dem Kurzarbeitergeld begegnet werden kann. Dementsprechend deutet sich an, dass die Vermeidbarkeit, welche häufig eine hohe Hürde für die Gewährung von Kurzarbeitergeld darstellt, großzügig geprüft wird. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass auch die Bundesregierung in der Öffentlichkeit die Kurzarbeit als Instrument in der Krise auserkoren hat.

Zum Nachweis des Entgeltausfalls muss dargelegt werden, dass durch die Arbeitszeitverringerung mehr als 10% des Lohnes entfallen. Zudem ist die Unterauslastung, aufgrund derer die Kurzarbeit angeordnet wird, durch Vergleichswerte glaubhaft zu machen.

4. Welche persönlichen Voraussetzungen müssen durch die Arbeitnehmer für das Kurzarbeitergeld erfüllt werden?
In persönlicher Hinsicht bestehen einige Ausschlussgründe, wonach ausgewählte Personengruppen kein Kurzarbeitergeld erhalten. Dies betrifft im Wesentlichen Arbeitnehmer, welche ohnehin nicht regulär beschäftigt sind. So erhalten beispielsweise Mitarbeiter, welche bereits im Rentenalter sind, kein Kurzarbeitergeld. Auch Mitarbeiter, welche Krankengeld beziehen, werden kein Kurzarbeitergeld erhalten. Die Zulässigkeit der Kurzarbeit insgesamt bleibt von diesen einzelnen ausgenommenen Mitarbeitern allerdings unberührt.

5. In welcher Höhe erhalten die Mitarbeiter Kurzarbeitergeld?
Neben dem 60- bzw. 67%igen Ausgleich des Nettolohnausfalls ist das Kurzarbeitergeld außerdem steuerfrei. Lediglich der Steuersatz bezüglich des übrigen Einkommens der Ar-beitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann sich durch das Kurzarbeitergeld erhöhen. Auch dies könnte ein Argument sein, um die Mitarbeiter zu einem Einverständnis zur Kurzarbeit zu bewegen.

6. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung im Hinblick auf das Kurzarbeitergeld beschlossen?
Zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise hat der Bundestag im Rahmen des „Arbeit von morgen-Gesetz“ erleichterte Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld beschlossen. Die konkrete Ausgestaltung der Erleichterungen bleibt aber einer Rechtsverordnung durch die Bundesregierung vorbehalten, die in diesen Tagen zu erwarten ist.

Die Erleichterungen betreffen im Wesentlichen 4 Bereiche:

So war ursprünglich die Schwelle, nach welcher jetzt nur noch 10 % der Beschäftigten in einem Betrieb vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, bei 30 % festgesetzt.

Darüber hinaus wird zukünftig auf den Aufbau von negativen Arbeitszeitkonten verzichtet, was das Instrument der Kurzarbeit wesentlich flexibler einsetzbar macht. Vor der Gesetzesänderung waren solche Maßnahmen der Anordnung von Kurzarbeit vorrangig, da diese ein milderes Mittel im Vergleich zur Kurzarbeit darstellten.

Darüber hinaus werden Sozialversicherungsbeiträge bei Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit vollständig erstattet.

Schließlich wurde die Möglichkeit von Kurzarbeitergeld auch auf Zeitarbeitsunternehmen erstreckt.

Diese Erleichterungen senken die Hürden für das Kurzarbeitergeld massiv ab, welches insbesondere durch die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und den Verzicht auf den Abbau von Arbeitszeitkonten ein adäquates Mittel zur Krisenbewältigung darstellt.

7. Wie verläuft das Prozedere zur Einführung von Kurzarbeit?
Zunächst einmal ist es erforderlich, dass die arbeitsrechtliche Möglichkeit zur Einführung der Kurzarbeit geschaffen wird. Insbesondere in den oben beschriebenen Fällen, in denen Unternehmen weder an einen Tarifvertrag gebunden sind noch einen Betriebsrat haben, muss eine schnelle und unkomplizierte Lösung zur (kurzfristigen) Umsetzung von Kurzarbeit gefunden werden. Sobald gewährleistet ist, dass Kurzarbeit aus arbeitsrechtlicher Sicht eingeführt werden kann, ist bei der Agentur für Arbeit eine Anzeige über den Arbeitsausfall einzureichen. Sobald die Agentur für Arbeit mit schriftlichem Bescheid anerkannt hat, dass die Voraussetzungen eines erheblichen Arbeitsausfalls vorliegen, kann das Kurzarbeitergeld für die Mitarbeiter beantragt werden. Die Ankündigungen in der Öffentlichkeit lassen auf eine zügige Bearbeitung hoffen.

8. Wie erfolgt die Abrechnung des Kurzarbeitergeldes?
Grundsätzlich ist das Kurzarbeitergeld ein Anspruch der Arbeitnehmer. Insofern besteht seitens des Arbeitgebers keine Pflicht das Kurzarbeitergeld selbst auszuzahlen. Der Arbeitgeber ist zunächst einmal nur gehalten das entsprechend der reduzierten Arbeitszeit verringerte Gehalt zu zahlen.

Obwohl das Kurzarbeitergeld ein Anspruch der Arbeitnehmer ist, wird es dennoch vom Arbeitgeber beantragt und auch an diesen ausgezahlt. Die Auszahlung erfolgt nachträglich für den Zeitraum, für den es der Arbeitgeber beantragt hat. Den Arbeitgeber trifft jedoch keine Vorschusspflicht zur Auszahlung des Kurzarbeitergeldes. Um soziale Härten zu vermeiden, ist es in der Praxis zwar üblich, dass der Arbeitgeber neben dem Arbeitsentgelt das von ihm errechnete und beantragte Kurzarbeitergeld auszahlt - rechtlich verpflichtend ist dies jedoch nicht.

Wir hoffen, hiermit einen ersten Einblick über die Kurzarbeit verschaffen zu können und stehen bei Detailfragen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.

Stand 18.03.2020
Wir weisen darauf hin, dass sich aufgrund der gegenwärtigen Dynamik die Rechts- und Gesetzeslage jederzeit ändern kann. Auf Rückfrage können wir Ihnen gerne den dann aktuellen Sachstand erläutern.

Ansprechpartner
Dr. Bernhard Heringhaus
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