Zukunft der steuerlichen Selbstanzeige - Wettlauf mit den Ermittlungsbehörden, um die Tatendeckung

Einleitung

Was zuletzt der Prozess wegen Steuerhinterziehung gegen Ulli Hoeneß gezeigt hat:

Eine Selbstanzeige - egal in welcher Größenordnung - muss rechtzeitig erfolgen und inhaltlich stimmen.

Um Straffreiheit zu erlangen, muss auch unter Zeitdruck der steuerlich relevante Sachverhalt der Finanzbehörde bereits bei Abgabe der Selbstanzeige so mitgeteilt werden, dass diese zumindest eine Steuerfestsetzung im Wege einer überhöhten Schätzung durchführen kann.

Gleichgültig ob es um nichterklärte ausländische Kapitalerträge, gescheitertes „asset wrapping“ in ausländischen Lebensversicherungen, d.h. die Umwandlung schwarzer Depots per Einmalzahlung in einen Lebensversicherungsvertrag, Schwarzeinnahmen aus dem Betrieb, nicht versteuerte Incentives, die unberechtigte Geltendmachung von Betriebsausgaben oder des Vorsteuerabzuges, nicht angemeldete Haushaltshilfen oder der Finanzverwaltung nicht mitgeteilte Schenkungen geht, immer ist entscheidend, den steuerlich relevanten Sachverhalt hinreichend zu offenbaren, bevor die Tat als entdeckt gilt.

Sperrgrund der Tatentdeckung

Denn eine Straffreiheit ist ausgeschlossen, wenn die angezeigte Tat bereits entdeckt wurde. Grundsätzlich gilt eine Steuerhinterziehung dann als entdeckt, wenn die Finanzbehörde ausreichend Kenntnis vom Tatbestand der Steuerhinterziehung erhält. Dies muss der Täter zudem wissen oder er muss bei verständiger Würdigung der Sachlage zumindest damit rechnen. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 20. Mai 2010 (Az.: 1 StR 577/09) hierzu ausgeführt, es genüge die Entdeckung der Tat und nicht die des Täters. Bedeutsam sind zum Beispiel Kenntnisse von der Einkunftsart, den Veranlagungszeiträumen und die Konkretisierung der Höhe der nichterklärten Erträge.

Immer wieder kommt es zu Meldungen, wonach die Finanzverwaltung zunehmend die Wirksamkeit von Selbstanzeigen in Frage stellt. Häufig meinen jedoch auch die Steuerpflichtigen, es sei zu spät für eine Selbstanzeige, obwohl es noch hinreichend Spielraum für die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige gibt.

So ist zum Beispiel beim bloßen Aufgriff mit Bargeld bei einer Grenzkontrolle durch den Zoll eine Tatentdeckung in der Regel noch nicht gegeben. Zwar spricht die Lebenserfahrung oder die Vermutung der Fahnder für das Vorliegen einer Steuerhinterziehung durch Nichtangabe von ausländischen Erträgen in den Steuererklärungen, jedoch besteht auch in diesen Fällen regelmäßig Argumentationsspielraum gegenüber der Finanzverwaltung über das Vorliegen die Tatentdeckung.

Auch in den bekannten „CD-Ankauf-Fällen“ war es keinesfalls ausgemacht, dass Tatentdeckung eintrat und eine Selbstanzeige schon dann verspätet war, wenn Medien über bestimmte CD-Ankäufe der Finanzverwaltung mit Daten deutscher Kunden bei ausländischen Banken berichteten. Traten keine besonderen Umstände hinzu, war also das Material als solches nicht bereits durch Zusätze wie „Schwarzgeld aus Transfer Lux“ konspirativ, wurden in der Regel Selbstanzeigen bis zum konkreten Abgleich des Materials mit den Steuerakten der Betroffenen als wirksam akzeptiert.

Selbst bei konkreten schriftlichen Anfragen der Steuerfahndung an den Steuerpflichtigen zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle auf Basis des § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO, ist noch keine Tatentdeckung gegeben. Hierbei handelt es sich um sogenannte „Goldene-Brücke-Schreiben“, die im Rahmen von Vorfeldermittlungen der Steuerfahndung durchgeführt werden. Sie sollen regelmäßig klären, ob ein hinreichender Tatverdacht zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegeben ist. Liegen derartige Anfragen vor, besteht allerdings sofortiger Handlungsbedarf.

Der Zeitpunkt der Entdeckung der Tat lässt sich erst nach Einblick in die Ermittlungsakte feststellen. Die Steuerfahndung muss konkret aufführen, welche Tatsachen zu welchem Zeitpunkt bereits bekannt gewesen sind. Zugunsten des Beschuldigten trägt die Steuerfahndung die Beweislast für das Vorliegen eines Sperrgrundes.

Aber auch, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Selbstanzeige aufgrund einer Tatentdeckung, keine strafbefreiende Wirkung mehr entfalten kann, wirkt sie im Rahmen des Strafverfahrens ähnlich wie ein Geständnis deutlich strafmildernd. Außerdem erspart sie dem Anzeigenden den Besuch der Steuerfahndung.

Gestufte Selbstanzeige

Droht ein konkretes Entdeckungsrisiko und ist der Sachverhalt vom Steuerpflichtigen nicht im Detail aufzuklären, ist es möglich, eine sogenannte gestufte Selbstanzeige einzureichen. Gerade bei der Nacherklärung von Einkünften aus ausländischen Kapitalvermögen, liegen die Bankunterlagen in der Regel nicht oder nicht vollständig vor. Dann kann auf der ersten Stufe eine Nacherklärung mit überhöht geschätzten Zahlen eingereicht werden. Nach Auswertung der Bankunterlagen erfolgt dann auf der zweiten Stufe die Konkretisierung der geschätzten Zahlen. Da die Selbstanzeige keine Steuererklärung im Sinne Abgabenordnung ist, ist sie unabhängig von der Einreichung der förmlichen Anlagen zur Einkommensteuererklärung (Steuererklärungsformulare KAP/SO/AUS) wirksam.

Was bringt die Zukunft?

Zukünftig wird die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige immer schwerer werden.

Bereits die letzte Änderung der Vorschrift zur Selbstanzeige im Mai 2011 hat zu drastischen Verschärfungen bei den Anforderungen an die Selbstanzeige geführt. Wer die strafbefreiende Wirkung will, muss jetzt vollständig alles aufdecken. Faktisch ist eine „steuerliche Lebensbeichte“ für den strafrechtlich relevanten Zeitraum von aktuell mindestens fünf Jahren nötig. Die Möglichkeit der Teil-Selbstanzeige besteht ausdrücklich nicht mehr. Zudem wurde ein Strafzuschlag in Höhe von 5 % des hinterzogenen Betrages bei einer Steuerhinterziehung von mehr als 50.000,00 € eingeführt.

Nachdem im vergangenen Jahr einige Fälle von Steuerhinterziehung die Öffentlichkeit beschäftigt hatten, war die Frage nach der Verschärfung der Regelungen zur Selbstanzeige Thema der Finanzministerkonferenz der Bundesländer. Diese verständigten sich am 27. März 2014 darauf, die Regeln für die Selbstanzeige drastisch zu verschärfen. Laut Finanzminister Schäuble sollen die Verschärfungen noch in diesem Jahr kommen.

 

Konkret sind folgende Änderungen geplant:

  • Der Strafzuschlag soll bei hinterzogenen Beträgen über EUR 50.000,00 von 5 % auf mindestens 10 % erhöht werden. Es wird sogar geprüft, ob ein Strafzuschlag höher als 10 % ausfallen kann.
  • Bei solch schweren Steuerhinterziehungen soll der Zeitraum zur Offenlegung zudem von 5 auf 10 Jahre verlängert werden.
  • Streitig ist noch, ob es ebenfalls einen Strafzuschlag bei Steuernachzahlungen von weniger als EUR 50.000,00 geben soll.
  • Letztendlich steht zur Diskussion, bei höheren Hinterziehungsbeträgen gar keine Steuerbefreiung mehr zu gewähren, eine Selbstanzeige also auszuschließen.

Die strittigen Fragen sollen bis Anfang Mai geklärt werden. Bereits jetzt melden die Finanzämter angesichts der geplanten Verschärfungen einen deutlichen Anstieg der Selbstanzeigen reuiger Steuerbetrüger.

Konkret bedeuten diese Verschärfungen, dass die Selbstanzeigen umfangreicher, risikobehafteter und teurer werden. Es ist daher dringend anzuraten, die Möglichkeit der Selbstanzeige zu den aktuellen Bedingungen noch zu nutzen.

 

Ansprechpartnerin:

Anke Brinkhus (Hannover), LL.M. (Wirtschaftsstrafrecht), Fachanwältin für Steuerrecht