Zollwert: EuGH muss eine Frage zur Anerkennung von Verrechnungspreisen entscheiden.

Das Finanzgericht München hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Frage zur Anerkennung von Verrechnungspreisen vorgelegt (Beschluss vom 15. September 2016, Az.: 14 K 1974/15). Hierbei soll der EuGH klären, ob eine nach Ablauf eines Abrechnungszeitraumes vorgenommene pauschale Berichtigung des in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrags dem Zollwert zu Grunde zu legen ist, wenn die Berichtigung den angemeldeten Betrag reduziert und dies somit zu einer Erstattung von Einfuhrabgaben führt.

1. Hintergrund

Hintergrund für die Vorlage beim EuGH ist ein Streit über eine nachträgliche Korrektur eines Verrechnungspreises, für den ein sog. Advance Pricing Agreement (APA) abgeschlossen wurde. Durch den Abschluss von APAs werden die Verrechnungspreismethoden zwischen den betroffenen verbundenen Unternehmen oder Unternehmensteilen für einen bestimmten Zeitraum in der Zukunft festgelegt und mit dem Bundeszentralamt für Steuern abgestimmt.

Vorliegend hatte die Klägerin mit ihrer Muttergesellschaft ein APA abgeschlossen, wonach die Muttergesellschaft der Klägerin zunächst für eingeführte Endprodukte und Bauteile einen bestimmten Betrag in Rechnung stellte. Die Summe dieser Beträge wurde nach einem Abrechnungszeitraum überprüft und ggf. zu Gunsten oder zu Lasten der Klägerin korrigiert, um zu gewährleisten, dass die Verrechnungspreise der verbundenen Unternehmen einem Fremdvergleich standhalten und keine Preismanipulation vorlag.

Als Zollwert meldete die Klägerin die ihr von der Konzernmutter unterjährig in Rechnung gestellten Preise an, die einen Teil des vereinbarten Verrechnungspreises bildeten. Nach Ablauf des Abrechnungszeitraums erfolgte eine Anpassung der Verrechnungspreise im Wege der Gutschrift durch die Muttergesellschaft an die Klägerin. Daraufhin beantragte die Klägerin eine Erstattung zu viel gezahlten Zolls, in dem sie die Summe aller ursprünglichen Zollwerte um die Gutschrift der APA-Vereinbarung verminderte und anschließend jeweils auf den ursprünglichen bzw. den angepassten Zollwert einen durchschnittlichen Zollsatz anwandte. Die Differenz dieser beiden Werte bildete den beantragten Erstattungsbetrag.

Das zuständige Hauptzollamt lehnte den Erstattungsantrag der Klägerin ab, da der Anpassungsbetrag nicht produktbezogen aufgeschlüsselt werden könne. Das Finanzamt München neigt nun dazu, die der Klägerin erteilte nachträgliche Gutschrift von ihrer Muttergesellschaft zollwertmindernd zu berücksichtigen und damit den vereinbarten Verrechnungspreis anzuerkennen. Würde man eine nachträgliche Gutschrift zur Berichtigung des Zollwerts nicht anerkennen, führe die gegenwärtige Zollpraxis dazu, dass Nachbelastungen den Zollwert erhöhen, während Gutschriften unberücksichtigt blieben. Eine solche Praxis hält das Finanzgericht München nicht für neutral und gerecht.

2. Vorlagefragen

Nunmehr wurden dem EuGH die folgenden zwei Fragen zur Vorentscheidung vorgelegt:

  1. Lassen es die Vorschriften der Artikel 28 ff. Zollkodex zu, einen vereinbarten Verrechnungspreis, der sich aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, unter Anwendung eines Aufteilungsschlüssels als Zollwert zu Grunde zu legen, und zwar unabhängig davon, ob am Ende des Abrechnungszeitraums eine Nachbelastung oder eine Gutschrift an den Beteiligten erfolgt?
  2. Wenn ja: Kann der Zollwert anhand vereinfachter Ansätze geprüft bzw. festgesetzt werden, wenn die Auswirkungen nachträglicher Verrechnungspreisanpassungen (sowohl nach oben als auch nach unten) anzuerkennen sind?

3. Praxistipp

Mit einer Entscheidung des EuGH ist nicht vor 2018 zu rechnen. Vor dem Hintergrund dieser Vorlage sind Verfahren mit streitigen Fragen über die nachträgliche Anpassung von Verrechnungspreisen durch Rechtsmittel gegen die Bescheide offen zu halten.

Ansprechpartnerin

Anke Brinkhus, LL.M., Rechtsanwältin, Hannover