Verfassungsbeschwerde erfolglos: Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft

Hintergrund

Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen die seit 1. Januar 2002 geltende Regelung des § 7 Satz 2 GewStG, wonach Gewerbesteuer bei Personengesellschaften entsteht, wenn diese einen (Teil-) Betrieb oder deren Gesellschafter ihren Anteil an der Personengesellschaft verkaufen. Der entstandene Gewinn wird auf Ebene der Personengesellschaft besteuert, allerdings mit einer Ausnahme, soweit der Gewinn auf unmittelbar an der Gesellschaft beteiligte natürliche Personen entfällt. Die Beschwerdeführerin rügte einerseits eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, nämlich eine Ungleichbehandlung in Abhängigkeit von der Rechtsform des Mitunternehmers, andererseits einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot, weil ihr Vertrag über den in 2002 erfolgenden Anteilsverkauf schon am 1. September 2001 und damit vor Beginn des Gesetzgebungsverfahrens am 10. September 2001 zur Einführung der angegriffenen Vorschrift abgeschlossen worden war.

Entscheidung

Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Urteil vom 10. April 2018 die Verfassungsbeschwerde als unbegründet abgelehnt und keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG festgestellt. Auch dei rückwirkende Inkraftsetzung der Vorschrift für den Erhebungszeitraum 2002 steht nach Meinung der Verfassungsrichter im Einklang mit dem Grundgesetz.

Entscheidungsgründe

1. Gleichheitsgrundsatz

Nach Auffassung der Verfassungsrichter wird der Gleichheitsgrundsatz dadurch, dass die von natürlichen Personen erzielten Veräußerungsgewinne von der Gewerbesteuer der Personengesellschaft ausgenommen sind, nicht verletzt. Zwar stelle die Regelung eine Benachteiligung dar, soweit an der Mitunternehmerschaft auch Personen- und Kapitalgesellschaften beteiligt sind. Den hinreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund sehen die Verfassungsrichter aber in der Verhinderung von Umgehungsgestaltungen. Der Gesetzgeber durfte bei unmittelbar beteiligten natürlichen Personen ein von vornherein geringeres "Umgehungspotential" als bei Personen- oder Kapitalgesellschaften annehmen.

2. Kein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

Der im Juli 2002 eingefügte Satz 2 des § 7 GewStG wirkt auf den 1. Januar 2002 zurück. Einen Vertrauensschutz vermag das Verfassungsgericht nicht erkennen, weil

  • das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz, mit welchem Satz 2 des § 7 GewStG eingeführt worden sei, bereits am 25. Dezember 2001 in Kraft getreten ist und

  • die Beschwerdeführerin bereits ab dem Zeitpunkt der Zuleitung des Regierungsentwurfs an den Bundesrat am 17. August 2001 und damit bereits vor der endgültigen Disposition der Beteiligten am 1. September 2001 die Möglichkeit hatte, sich auf die Gesetzesänderung einzustellen.

Resümee und Empfehlung

Es bleibt dabei: § 7 Satz 2 GewStG sorgt weiterhin für Probleme beim Kauf und Verkauf von Mitunternehmeranteilen. Betroffen sind insbesondere doppelstöckige Personengesellschaften und Gesellschaften, bei denen Kapitalgesellschaften Mitunternehmer sind.

Ohne entsprechende vertragliche Gestaltungen und Berechnungen kann es in diesen Fällen geschehen, dass nicht der Veräußerer, sondern der Erwerber von Mitunternehmeranteilen sowie gegebenenfalls die verbleibenden Gesellschafter mit Gewerbesteuer belastet werden.

Auch hat das Bundesverfassungsgericht ein weiteres Mal deutlich gemacht, dass Dispositionen und Vertragsgestaltungen bereits laufende Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen haben und ein Vertrauensschutz in die alte Rechtslage nicht zu gewähren ist, wenn ein Gesetzgebungsverfahren bereits in Gang gesetzt wurde.

Wir verfolgen Gesetzesinitiativen und Gesetzgebungsverfahren intensiv und stehen für - auch steuerlich - optimale Vertragsgestaltungen gern zur Verfügung.

Ansprechpartnerin

Petra Jaretzke, Dipl. Kfm. Steuerberaterin, Wirtschaftsmediatorin, Hannover

12. April 2018