Ungarn: Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken durch Ausländer

Hintergrund
Seit dem Beitritt Ungarns in die Europäische Union im Jahr 2004 sind EU-Bürger ungarischen Staatsbürger gleichzustellen. Für eine der vier „Grundfreiheiten“ der EU, dem freien Kapitalverkehr, gilt jedoch weiterhin eine Ausnahme. Ungarn darf das Verbot des Erwerbs von landwirtschaftlichen Flächen durch Ausländer für einen Übergangszeitraum von 10 Jahren bis zum 30. April 2014 beibehalten.

Die aktuelle Regelung
Das Gesetz über landwirtschaftliche Flächen verbietet ausländischen natürlichen und juristischen Personen grundsätzlich den Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen. Einige wenige Ausnahmen, z.B. der Erwerb durch eine ausländische Privatperson, die seit 3 Jahren in Ungarn wohnhaft und im Bereich Landwirtschaft tätig ist, der Erwerb durch gesetzliches Erbe oder durch Ersitzung sind jedoch möglich.

Mit der Öffnung des Bodenmarktes in 2014 ist eine erhebliche Preissteigerung zu erwarten, da landwirtschaftliche Grundstücke eine attraktive Möglichkeit für Investoren bieten. Um das Erwerbsverbot zu umgehen und sich den Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen für den Zeitpunkt der Markteröffnung bereits während der Übergangszeit zu sichern, nutzen ausländische Investoren verschiedene rechtliche Konstrukte. Üblich sind u.a.:

Abschluss eines Kaufvertrages ohne Datum – der unterzeichnete und vom Rechtsanwalt gegenzeichnete Vertrag wird mit entsprechendem Datum nach Ablauf der Übergangszeit ergänzt.

  • Vertragliche Zusicherung eines Vorkaufsrechts bzw. Optionsrechts zugunsten der ausländischen Person.
  • Kaufvertrag, wobei der Eigentumserwerb durch die ausländische Person einer aufschiebenden Bedingung unterliegt.
  • Erwerb durch einen ungarischen Strohmann und Übertragung an die ausländische Person nach Ablauf der Übergangszeit.
  • Anteilserwerb an einer ungarischen Gesellschaft, die über landwirtschaftliches Land verfügt.

Die fraglichen Geschäfte verstoßen in den meisten Fällen zumindest formell nicht gegen geltendes Recht. Gemäß dem ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuch sind jedoch auch solche Verträge nichtig, die gesetzliche Vorschriften umgehen, selbst wenn diese Verträge allem Anschein nach mit den Rechtsvorschriften im Einklang stehen. Es ist daher von Fall zu Fall zu prüfen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände eine Umgehungsabsicht festzustellen ist.

Für Nichtigkeitsfälle sieht das ungarische BGB in der Regel die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands als Rechtsfolge vor. Die Parteien des nichtigen Vertrages sind so zu stellen, als hätten sie keinen Vertrag geschlossen. Bei Kaufverträgen hat der Käufer Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises, während der Verkäufer das Eigentum zurückverlangen kann.

Neue politische und rechtliche Entwicklung
In den letzten Monaten hat die ungarische Regierung mehrfach öffentlich erklärt, dass sie alle erforderlichen Maßnahmen zur Aufdeckung und Sanktionierung von Umgehungsgeschäften in Bezug auf landwirtschaftliche Flächen treffen wird.

Verfassungsrechtlicher Rechtsgrund
Ein erster Schritt war die Festschreibung des Schutzes von landwirtschaftlichen Flächen im ungarischen Grundgesetz im Dezember 2012. Das ungarische Grundgesetz ermöglicht damit Einschränkungen und das Festlegen von Bedingungen bezüglich des Erwerbs von landwirtschaftlichen Flächen.

Keine gerichtliche Rückabwicklung von Umgehungsgeschäften
Politiker der Regierungspartei haben in der Presse zudem erklärt, dass der Käufer nicht berechtigt ist, den Kaufpreis gerichtlich einzuklagen, wenn die Nichtigkeit eines Vertrages wegen Umgehung des Erwerbsverbots festgestellt wird. Ein Rückerstattungsanspruch des Kaufpreises wird also vor Gericht nicht anerkannt, sobald Vorschriften zum Rechtsverkehr von landwirtschaftlichen Flächen umgangen worden sind.

Neues Gesetz über den Grundverkehr
Ein neues Gesetz über den Verkehr von landwirtschaftlichen Flächen ist in Ungarn seit Langem geplant. Ein entsprechender Entwurf liegt bereits vor. Dieser beinhaltet, dass zum Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen eine Genehmigung benötigt wird. Der Erwerb durch In- und Ausländer soll danach strengen Voraussetzungen unterliegen. Kerngedanke des Gesetzesentwurfs ist, dass inländische oder europäische Bürger, die in der Nähe der Liegenschaft wohnen und landwirtschaftlich tätig sind, bei deren Erwerb bevorzugt werden sollen.

Des Weiteren sieht der Entwurf vor, dass die Übertragung von landwirtschaftlichen Flächen durch die zuständigen Behörden untersagt werden kann, sofern festzustellen ist, dass hinter dem eigentlichen Erwerb eine Umgehung von Rechtsvorschriften steht.

Strafrecht
Das neue ungarische Strafgesetz wurde bereits vom Parlament verabschiedet und wird am 1. Juli 2013 in Kraft treten. In diesem ist der rechtswidrige Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen als gesonderter Tatbestand geregelt. Danach wird mit einer Freiheitsstrafe von 1 bis 5 Jahren bestraft, wer einen wegen der Umgehung der Einschränkungen des Erwerbs von landwirtschaftlichen Flächen nichtigen Vertrag abschließt. Rechtsanwälte und Notare, die in den Abschluss eines solchen Vertrags involviert sind, sind ebenfalls zu bestrafen.

Autoren:
Diána Zimányi (Budapest)
Balázs Modok