Tsunami im Wohnungseigentumsrecht sowie neues zum Makler- und Architektenrecht

Rund um den Jahreswechsel sind drei für das Immobilienrecht wichtige Gesetzesänderungen im Wohnungseigentumsgesetz (WEG), Makler- und Architektenrecht in Kraft getreten. Nachfolgend möchten wir unseren Mandanten die wichtigsten Eckpunkte dieser Neuerungen zusammengefasst darstellen.

I. WEG Reform zum 1. Dezember 2020 in Kraft getreten

Sehr zügig und auch für viele Experten überraschend schnell trat nun die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zum 1. Dezember 2020 in Kraft. Da nahezu sämtliche Regelungen des bisherigen WEG abgeändert werden, ist von einem Tsunami zu lesen, der sich über dieses Gesetz ergießt.

Kernpunkte der Reform sind dabei die Herstellung der vollen Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft, die Neuregelung der Eigentümerversammlung, insbesondere eine damit einhergehende Aufwertung, die Erleichterung von baulichen Maßnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit Elektromobilität, sowie die Stärkung der Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter.

Nachdem der Gesetzgeber mit der Reform aus dem Jahre 2007 bereits den „teilrechtsfähigen Verband“ geschaffen hatte, wurde nun auch der letzte Schritt vollzogen und die Wohnungseigentümergemeinschaft zum vollrechtsfähigen Verband erhoben. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird somit wie eine sonstige juristische Person voll rechtsfähig. Sie kann nun Rechte erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. Die Gemeinschaft handelt dabei durch den Verwalter als „Organ und Geschäftsführer“. Gibt es keinen Verwalter, so vertreten die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich.

Die Ladungsfrist zur jährlichen Eigentümerversammlung wird nun von 2 auf 4 Wochen verlängert, um eine ausreichende Vorbereitung der einzelnen Eigentümer auf anstehende Beschlussfassungen zu gewährleisten. Dabei soll Eigentümern auch die online-Teilnahme an der Versammlung ermöglicht werden, wenn auch nicht die gesamte Versammlung in den digitalen Raum versetzt werden kann. Jeder Eigentümer hat auch weiterhin das Recht, physisch an einer Versammlung teilzunehmen. Die online-Teilnahme setzt auch eine elektronische Beschlussfassung voraus, was einige Verwalter vor technische Herausforderungen stellen dürfte, zumal der Ausschluss der Öffentlichkeit weiter zu gewährleisten ist. Auch sind die Wohnungseigentümer jetzt stets beschlussfähig, eine Mindestanzahl an Eigentümern bzw. Miteigentumsanteilen entfällt. Wiederholungsversammlungen werden so vermieden.

Durch diese Reform können einzelne Eigentümer ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer nun zukünftig bauliche Veränderungen verlangen, sofern diese

  • dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen oder
  • dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder
  • dem Einbruchschutz oder
  • dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität

dienen.

Die entsprechenden Kosten sind dann auch von diesem Eigentümer, der die bauliche Veränderung verlangt, zu tragen. Nur ihm gebührt der Nutzen. Die Nutzungsbefugnis folgt der Kostenverteilung: Wollen andere Eigentümer die neu geschaffene Infrastruktur für sich in Anspruch nehmen, so haben sie sich ebenfalls an den Kosten angemessen zu beteiligen.

Zukünftig wird von Verwaltern eine spezielle Zertifizierung verlangt, wenn auch mit entsprechender Vorlauffrist. Zumindest aber ab dem Jahre 2024 können Eigentümer verlangen, dass nur ein zertifizierter Verwalter für die Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt wird. Auch stärkt das neue Abberufungsrecht die Position der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Verwalter. Die Abberufung des Verwalters durch die Gemeinschaft kann nun jederzeit erfolgen. Die Gemeinschaft soll sich von einem missliebigen Verwalter trennen können. Der Vertrag mit dem Verwalter endet, anders als bisher, spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung.

II. Neues Maklerrecht gilt ab dem 23. Dezember 2020

Noch kurz vor Weihnachten wurde Käufern von Wohnungen und Einfamilienhäusern ein Geschenk gemacht: Mit Wirkung ab dem 23. Dezember 2020 ist bei einer Doppeltätigkeit des Maklers, also sowohl für die Verkäufer- als auch die Käuferseite, konsequenterweise die Provision von beiden Seiten hälftig zu tragen. Die bislang zumindest im Norden von Deutschland übliche Handhabung, wonach der ursprünglich vom Verkäufer beauftragte Makler sodann die Provision allein vom Käufer erhielt, soll damit unterbunden werden.

Das Gleiche gilt für den Fall der alleinigen Beauftragung des Maklers durch eine Seite, in der Praxis erfolgt dies meist durch den Verkäufer: Auch hier soll zukünftig gewährleistet werden, dass auch der Vertragspartner des Maklers dessen Provision zumindest zur Hälfte trägt. Umgehungsversuche werden dadurch unterbunden, dass beispielsweise der Käufer erst dann zur Zahlung der hälftigen Provision an den Makler verpflichtet ist, wenn die Zahlung durch den Verkäufer als Vertragspartner des Maklers nachgewiesen wurde.

Vorgenanntes gilt selbstverständlich nur für Kaufverträge, bei denen der Käufer ein Verbraucher ist.

Die neue Rechtslage ist für alle Maklerverträge, die ab dem 23. Dezember 2020 geschlossen werden, anwendbar. Für ältere Verträge gilt auch weiterhin die vorherige Gesetzesgrundlage.

Die gesetzeskonforme Umsetzung der gesetzlichen Neuregelung in der Praxis bleibt freilich abzuwarten.

III. Neues Preisrecht für Architekten und Ingenieure nach der HOAI seit dem 1. Januar 2021

Möglicherweise ist Ihnen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus Juli 2019 längst bekannt, wonach das deutsche Preisrecht nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) europarechtswidrig ist. Insofern war Deutschland nun am Zuge, hier nachzubessern.

Durch den EuGH beanstandet wurden die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI, hier war insofern durch den deutschen Gesetzgeber anzusetzen. Die neue Verordnung, die nunmehr nach Anpassung auch des zugrundeliegenden Architektengesetzes durch die Bundesregierung erlassen wurde und am 1. Januar 2021 in Kraft trat, sieht daher zwar immer noch untere und obere Honorarsätze für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren vor. Diese sind aber nunmehr lediglich unverbindlich und stellen eine bloße Orientierungshilfe dar.

Es ist aber wohl davon auszugehen, dass in der Praxis auf diese in den Honorartafeln der HOAI abgebildeten Sätze auch zukünftig zurückgegriffen wird.

Sollte ab dem 1. Januar 2021 hinsichtlich der Honorierung von Planungsleistungen keine Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer in Textform getroffen worden sein, so gilt der Basishonorarsatz (untere Honorarsatz) als vereinbart.

Insofern raten zumindest die Architektenkammern der Bundesländer ihren Mitgliedern die eindeutige und schriftliche Honorarvereinbarung an. Die Basis für die Abrechnung von Architektenleistungen kann dabei auch der Zeitaufwand sein.

 

Rechtsanwältin Edda de Riese, LL.M.,
Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht,
Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Osnabrück

Die Experten von Schindhelm stehen Ihnen für Fragen zum Immobilienrecht jederzeit sehr gerne zur Verfügung.