Polen: Wichtige Änderungen im polnischen Vergaberecht

Zum 21. Juli 2012 ist das polnische Vergaberecht geändert worden. Leider blieb diese Änderung bisher (fast) unbeachtet, was für Unternehmen gravierende Folgen haben kann.

I. Hintergrund

Mit der vorgenannten Änderung ist Art. 24 Abs. 1 des Gesetzes – Recht des öffentlichen Vergabewesens – um die Punkte Nr. 10 und 11 ergänzt worden. Sie lauten wie folgt:

Art. 24 Abs. 1: „ [Von dem Vergabeverfahren sind auszuschließen:]

  • 10) Unternehmer, die natürliche Personen darstellen, welche rechtskräftig für ein Verbrechen, gemäß Art. 9 oder Art. 10 des Gesetzes vom 15. Juni 2012 über die Folgen der Beauftragung mit Ausführung von Arbeiten der sich widerrechtlich auf dem Gebiet der Republik Polen befindenden Ausländer (A.Bl. Pos. 769) verurteilt würden – für die Zeitdauer von 1 Jahr ab Rechtskraft des Urteils;
  • 11) Unternehmer, die eine offene Handelsgesellschaft, eine Partnergesellschaft, eine Kommanditgesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eine juristische Person darstellen, welchen Gesellschafter, ein Partner, ein Geschäftsführer, ein Komplementär oder ein amtierendes Mitglied des geschäftsführenden Organ entsprechend rechtskräftig für ein Verbrechen verurteilt würden, gemäß Art. 9 oder 10 des Gesetzes vom 15. Juni 2012 über die Folgen der Beauftragung mit Ausführung von Arbeiten der sich widerrechtlich auf dem Gebiet der Republik Polen befindenden Ausländer (A.Bl. Pos. 769) – für die Zeitdauer von 1 Jahr ab Rechtskraft des Urteils.“

Diese Novellierung des Gesetzes steht in Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 15. Juni 2012 über die Folgen der Beauftragung von sich widerrechtlich auf dem Gebiet der Republik Polen befindenden Ausländer (ABl. vom 6. Juni 2012 Pos. 769). Gleichzeitig setzt die neue Regelung die Vorschriften der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen, um.

II. Auswirkungen

Folgende Aspekte sind für Unternehmen wichtig:

  • Die Novellierung sieht keine Übergangsregelungen vor. Die neu eingeführten Ausschließungsgründe finden daher unabhängig vom Tag ihrer Bekanntgabe in jedem öffentlichen Vergabeverfahren Anwendung, in dem die Entscheidung über die Wahl des günstigsten Angebotes bereits nach Inkrafttreten der neuen Regelungen getroffen wird.
  • Die Durchführungsverordnung über die Art und Vorlegungsform der Unterlagen, welche der Auftraggeber von Unternehmer verlangen kann, ist nicht geändert worden. Das Führungszeugnis vom polnischen Staatlichen Strafregister (oder ein entsprechendes ausländisches Führungszeugnis) kann vom Auftraggeber nur als Bestätigung dafür verlangt werden, dass keine Ausschließungsgründe des Unternehmers gemäß Art. 24 Abs. 1 Pkt. 4-8 des Gesetzes – Recht des öffentlichen Vergabewesens – vorliegen. Das Fehlen der neuen Ausschließungsgründe gemäß Art. 24 Abs. 1 Pkt. 10-11 hingegen muss lediglich durch eine allgemeine Erklärung des Unternehmers (unabhängig vom Herkunftsland) bestätigt werden. Aus diesen Gründen ist in der Anfangszeit nach Inkrafttreten der neuen Regelungen auf den Inhalt der abgegebenen Erklärung über das Fehlen von Ausschließungsgründen zu achten. Zu empfehlen ist, die Erklärung über die Straflosigkeit nicht nur im Hinblick auf das Fehlen der bisherigen Ausschließungsgründe aus Art. 24 Abs. 1 Pkt. 4-8 zu formulieren, sondern explizit auch die neuen Ausschließungsgründe aus Art. 24 Abs. 1 Pkt. 10-11 einzubeziehen (z.B. in Form einer Wiederholung der Vorschriften aus Art. 24 Abs. 1 des Gesetzes – Recht des öffentlichen Vergabewesens).

Anna Specht-Schampera (Breslau)