Polen: Warten auf das neue Gesetz über Erneuerbare Energien

Das Ringen um die Verabschiedung des Gesetzes über Erneuerbare Energiequellen geht in die nächste Runde: Nachdem das polnische Wirtschaftsministerium den Gesetzentwurf veröffentlicht hat, wird nun im Ständigen Ausschuss des Ministerrates weiter an dem Entwurf gearbeitet, so dass er dann zur Verabschiedung in das Parlament gegeben werden kann.

Zwischenzeitlich hat die polnische Regierung den Entwurf der Energierechtsnovelle, das sogenannte „kleine Dreierpaket“, freigegeben. Die Novelle wurde durch die polnischen Abgeordneten vorbereitet und enthält die wichtigsten energierechtlichen Änderungen. Mit diesem Entwurf soll die Umsetzung der europäischen Richtlinien im erforderlichen
Umfang gewährleistet werden.

Der Referentenentwurf des Gesetzes über Erneuerbare Energiequellen zählt zum sogenannten „großen Dreierpaket“ der Energie-Gesetze (inkl. Gasenergie-Gesetz, Gesetz-Energierecht, Erneuerbare Energie-Gesetz), das die Rechtsvorschriften für die Energiebranche umfassend reformieren soll. Der Entwurf sollte zum 1. Januar 2013 in Kraft treten. Zurzeit ist noch nicht abzusehen, wann die neuen Regelungen in die Praxis umgesetzt werden.

Seit der erste Entwurf des Gesetzes veröffentlicht wurde, haben sich Branchenexperten und Interessenverbände im Rahmen einer öffentlichen Konsultation mit Änderungsvorschlägen in den Reformprozess eingebracht, die zum Teil in den überarbeiteten Entwurf eingeflossen sind. Die wichtigsten Änderungen gegenüber dem Erstentwurf des Gesetzes sind:

  • Beibehaltung der Ankaufspflicht von Strom aus erneuerbaren Energien durch amtliche Verkäufer;
  • Einhaltung des bisherigen Förderungsniveaus für bereits bestehende Anlagen sowie
  • Festschreibung eines 15-jährigen Förderungssystems für Neuinvestitionen in der Branche.

Der aktuelle Vorschlag des Wirtschaftsministeriums enthält zahlreiche Vorteile für Ökostromproduzenten, darunter eine Beschränkung der finanziellen Förderung der Mitverbrennung von Biomasse, so dass der Förderanteil für Anlagen der Solar-, Wind- und Wasserenergie in Polen steigt. Ferner unterstützt der neue Entwurf die Weiterentwicklung von Mikroanlagen. Dies könnte eine größere Vielfalt der EE-Anlagen in Polen fördern. Auch eine entsprechende Anpassung der bisherigen Korrekturfaktoren würde das Erreichen der Ziele in der Energiepolitik Polens, und zwar die Weiterentwicklung neuer Technologien weiter vorantreiben.

Der Referentenentwurf beinhaltet jedoch auch Regelungen, die Experten und Interessenvertretern der Energiebranche gleichermaßen Sorgen bereiten. Dies sind zum einen die Vorschriften zum Richtpreis für „Grüne Energie“, d.h. der Festlegung des Einkaufspreises für „Grüne Energie“ für die Netzbetreiber, die durch die Regulierungsbehörde für Energiewirtschaft zur Abnahme der „Grünen Energie“ verpflichtet werden. Windkraftexperten befürchten, dass nach dem bisherigen Referentenentwurf Ökostromproduzenten nur den festen Richtpreis erzielen können, der allerdings niedriger ist als auf dem freien Markt üblich.

Nach dem Referentenentwurf bleibt die Ankaufspflicht der „Grünen Energie“ durch die Netzbetreiber bestehen. Der Preis für Ökostrom wird jedoch anders berechnet. Für Strom aus regenerativen Energiequellen liegt der Richtpreis bei PLN 198,90 für 1 MWh und unterliegt einer jährlichen Indexanpassung entsprechend dem Inflationsausgleich. Obwohl der Richtpreis valorisiert wird, kann er nicht über den durchschnittlichen Marktpreis steigen. Der durchschnittliche Marktpreis wird jeweils im ersten Quartal des Jahres durch die Regulierungsbehörde für Energiewirtschaft veröffentlicht. Für 2012 betrug der Einkaufsreis PLN 201,36 für 1 MWh. So wird ein jährlicher Höchstpreis festgelegt, einen Mindesteinkaufspreis für Strom sieht der Referentenentwurf allerdings nicht vor.

Schwierig scheint auch ein weiterer Punkt des Referentenentwurfs, der besagt, dass Produzenten nur dann sogenannte „Grüne Zertifikate“ erhalten, wenn sie den festgelegten Richtpreis beim Verkauf nicht überschreiten (gemäß Art. 41 Abs. 3 des Referentenentwurfs). Dies bedeutet, dass Ökostrom-Produzenten, die Strom zu freien Marktpreisen verkaufen, keinen Anspruch auf Erteilung „Grüner Zertifikate“ haben und somit einen Teil der staatlichen Subventionen verlieren. Dies kann Produzenten vor die Wahl stellen: Strom zum Richtpreis und somit deutlich unter dem Marktpreis trotz der ihnen zustehenden Herkunftszertifikate zu verkaufen, oder aber die erzeugte Stromenergie zum Marktpreis zu verkaufen und somit das Anrecht auf ein „Grünes Zertifikat“ zu verlieren und damit eine erhebliche Gewinneinbuße hinzunehmen.

Grundsätzlich ist die Regelung zur Vergabe von „Grünen Zertifikaten“ nicht eindeutig. Verschiedene Interpretationen sind möglich, insbesondere die Kriterien für den Verlust des Rechts zur Herausgabe von Herkunftszertifikaten sind unklar. Alle Experten sind sich hier einig und bewerten die bisherige Regelung zum Umgang mit „Grünen Zertifikaten“ als kontraproduktiv für die Entwicklung des Ökostrommarktes in Polen. Auch würde die vorgeschlagene Regelung den Prinzipien des Europarechts und des Antimonopolrechtes widersprechen. Die hier genannten Punkte wurden erst in die zuletzt vorgelegte Fassung des Referentenentwurfs eingebracht.

Laut Experten könnte die vorgeschlagene Regelung unabhängige Ökostrom-Produzenten, die weder zu den zum Ankauf der „grünen Energie“ amtlich verpflichteten Netzbetreibern zählen noch anderweitig zusammengeschlossen sind, in ihren Handlungsmöglichkeiten erheblich einschränken bzw. freies Handeln unmöglich machen.

Auch im Hinblick auf die Stromerzeugung durch Windkraftanlagen sieht der neue Referentenentwurf nachteilige Rechtsvorschriften vor. Der sogenannte Korrekturfaktor für Onshore- Windkraftanlagen ist von 1.0 auf 0.9 (für die Jahre 2013 bis 2014) reduziert worden und mindert so die Attraktivität solcher Anlagen für Investoren. Kritisch wird auch die Berechnun der Kompensationsgebühr beurteilt, da sie nicht der Indexanpassung unterliegt und sich negativ auf den Preis von Herkunftszeugnissen auswirken kann.

Autoren:
Agnieszka Łuszpak-Zając
Konrad Schampera