Österreich: Pandemie und Mietzins – Minderung / Entfall wegen finanzieller Notlage eines Wohnungsmieters?
Winter is coming
Rechtzeitig vor der kalten und pandemiebedingt angespannten Jahreszeit äußerte sich der Oberste Gerichtshof („OGH“) in seiner Entscheidung 4 Ob 129/22g vom 23.09.2022 zur Frage des Entfalls bzw. der Minderung des Mietzinses im Falle coronabedingter Zahlungsschwierigkeiten von Wohnungsmietern.
In den bisher ergangenen Entscheidungen bei (teilweiser) Unbrauchbarkeit von in Bestand genommenen Geschäftsräumlichkeiten aufgrund von COVID-19-Maßnahmen judizierte der OGH zugunsten der Geschäftsraummieter und argumentierte die Zulässigkeit eines (teilweisen) Entfalls des Mietzinses aufgrund behördlicher Maßnahmen aus dem gesetzlichen Elementarereignis der „Seuche“.
Bei der nun ergangenen Entscheidung wurde der OGH mit der Frage konfrontiert, ob ein Wohnungsmieter im Falle pandemiebedingter Zahlungsschwierigkeiten (teilweise) von der Pflicht zur Mietzinszahlung befreit ist.
Wie krisenfest ist unser Mietrecht?
Der Gesetzgeber hat schon im Allgemein Bürgerlichen Gesetzbuch („ABGB“) Krisenzeiten bedacht. § 1104 ABGB sieht für „außerordentliche Zufälle“ – beispielhaft aufgezählt sind „Feuer, Krieg oder Seuche, große Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Misswachses“ –, die die Unbrauchbarkeit des Mietobjektes zur Folge haben, den Entfall bzw. die verhältnismäßige Minderung des Mietzinses vor. Erfasst sind Elementarereignisse, die einen größeren Personenkreis treffen und von Menschen nicht beherrschbar sind. Dass COVID-19 eine „Seuche“ im Sinne des § 1104 ABGB darstellt und aufgrund behördlicher Maßnahmen eine (gänzliche oder teilweise) Unbrauchbarkeit des Mietobjektes vorliegen kann, wurde vom OGH bereits mehrfach ausgesprochen.
Klarheit für Vermieter
Der OGH stellte in seiner nunmehrigen Entscheidung unter Hinweis auf den „eindeutigen Wortlaut“ der gesetzlichen Regelung, „die auf die Unbrauchbarkeit der Bestandsache selbst abstellt“, klar, dass eine pandemiebedingte finanzielle Notlage keinen Grund für den Entfall bzw. eine Minderung des Mietzinses darstellt. Im Übrigen verwies er auf das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 einen zeitlich limitierten Kündigungs- und Räumungsschutz für den Fall von pandemiebedingten Zahlungsrückständen geschaffen hatte, und hielt fest, dass der Gesetzgeber diese Sonderregelung für spätere Mietzinsperioden nicht mehr erlassen hat.
Fazit
Der OGH betonte einmal mehr, dass es für den (gänzlichen oder teilweisen) Entfall der Pflicht zur Mietzinszahlungspflicht auf die Unbrauchbarkeit der Bestandsache selbst ankommt und stellte klar, dass eine sonstige pandemiebedingte finanzielle Notlage eine Minderung des Mietzinses nicht rechtfertigt.
Vor allfälligen Zugeständnissen an säumige Mieter sollte jedenfalls die Rechts- und Vertragslage geprüft werden.
Autor: Christoph Luegmair
Autor: Maria Praher