Neues Nachweisgesetz - Was müssen Arbeitgeber beachten?

Inhalt:


1. Handlungsbedarf aufgrund des neuen Nachweisgesetzes

Mit Wirkung zum 1. August 2022 trat das geänderte Nachweisgesetz (NachwG) in Kraft. Anders als in der Vergangenheit sind Verstöße gegen das Nachweisgesetz nunmehr bußgeldbewehrt. Für jeden Fall des Verstoßes kann eine Geldbuße bis zur Höhe von EUR 2.000,00 festgesetzt werden. Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb gewisser Fristen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In der Praxis tritt, was zulässig ist, an die Stelle der Niederschrift in aller Regel die Übergabe eines schriftlichen Arbeitsvertrages. Viele der bislang verwendeten Arbeitsvertragsmuster dürften den neuen gesetzlichen Anforderungen nicht genügen, weshalb deren Überarbeitung erforderlich ist.

2. Welche Mindestangaben sind zu machen?

In die Niederschrift bzw. den Arbeitsvertrag sind mindestens folgende Angaben aufzunehmen:

  1. der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
  2. der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
  3. bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
  4. der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann,
  5. eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
  6. sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit,
  7. die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung,
  8. die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzung für Schichtänderungen,
  9. bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes:
    a) die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsfall zu erbringen hat,
    b) die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
    c) der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und
    d) die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat,
  10. sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzung,
  11. die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
  12. ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung,
  13. wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersvorsorge über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist,
  14. das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nichtordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden,
  15. ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter  Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.

3. Was ist bei einem Auslandseinsatz zu beachten?

Hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung länger als vier aufeinanderfolgende Wochen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen, so hat der Arbeitgeber ihm vor dessen Abreise eine Niederschrift auszuhändigen, die neben den oben unter 2. genannten Angaben zusätzlich folgende Angaben enthalten muss:

  1. das Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet werden soll, und die geplante Dauer der Arbeit,
  2. die Währung, in der die Entlohnung erfolgt,
  3. sofern vereinbart, mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten,
  4. die Angabe, ob eine Rückkehr des Arbeitnehmers vorgesehen ist, und gegebenenfalls die Bedingungen der Rückkehr.

Fällt ein Auslandsaufenthalt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, die durch die Richtlinie (EU) 2018/957 geändert worden ist, so sind neben den eben genannten zusätzlich folgende Angaben erforderlich:

  1. die Entlohnung, auf die der Arbeitnehmer nach dem Recht des Mitgliedstaates oder der Mitgliedsstaaten, in dem oder in denen der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, Anspruch hat,
  2. den Link zu der einzigen offiziellen nationalen Website, die der Mitgliedsstaat, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeit leisten soll, betreibt nach Artikel 5 Absatz 2, Buchstabe a der Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinien 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr, 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mithilfe des Binnenmark-Informationssystems („IMI-Verordnung“).

4. Was gilt bei der Einstellung von Praktikanten?

Vorgaben macht das Nachweisgesetz auch dazu, welche Mindestangaben in eine einem Praktikanten auszuhändigende Niederschrift aufzunehmen sind. Diese finden sich in § 2 Abs. 1a NachwG.

5. Strenges Schriftformerfordernis

Leider hat der deutsche Gesetzgeber von der ihm durch europäisches Recht eingeräumten Möglichkeit, die Erbringung der erforderlichen Angaben in elektronischer Form zu erlauben, nicht Gebrauch gemacht. Diese ist sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Abschluss von Arbeitsverträgen in elektronischer Form vermieden werden muss, um kein Bußgeld zu riskieren. Arbeitsverträge sollten daher eigenhändig unterzeichnet werden, eine elektronische Signatur genügt nicht.

6. Welche Auswirkungen hat das neue Nachweisgesetz auf „Altverträge“?

Hat das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1. August 2022 bestanden, ergibt sich keine Notwendigkeit, einen vor diesem Stichtag geschlossenen Arbeitsvertrags an das neue Nachweisgesetz anzupassen. Der Arbeitnehmer kann im Fall eines bereits vor dem 1. August 2022 bestehenden Arbeitsverhältnisses jedoch verlangen, dass ihm der Arbeitgeber eine Niederschrift mit den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestangaben aushändigt. Die Niederschrift mit den Angaben, wie sie oben unter Ziffer 2 unter den Nummern 1 bis 10 beschrieben sind, ist dem Arbeitnehmer spätestens am sieben Tag nach Zugang seiner Aufforderung auszuhändigen; die Niederschrift mit den Angaben nach Nummern 11 bis 13 spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung. Soweit eine früher ausgestellte Niederschrift oder ein schriftlicher Arbeitsvertrag die nach dem Nachweisgesetz erforderlichen Angaben bereits enthält, entfällt die eben beschriebene Verpflichtung. 

Ansprechpartner:
Dr. Bernhard Heringhaus, Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Osnabrück
Stefan Uhlhorn, Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Osnabrück