Neues Bauvertragsrecht ab 1. Januar 2018

I. Gesetzliche Änderungen

Zum 1. Januar 2018 treten umfangreiche und für die bauvertragliche Praxis wichtige Neuregelungen im BGB-Werkvertragsrecht in Kraft. Entsprechendes gilt für einen mit dem Bauvertragsrecht in engem inhaltlichen Zusammenhang stehenden Teil des BGB-Mängelgewährleistungsrechts.

Das neue Recht wird auf alle ab dem 1. Januar 2018 geschlossenen BGB-Verträge Anwendung finden, während für die zuvor geschlossenen Verträge noch das alte Recht fortgilt. Auch sind allein BGB-Verträge betroffen. Für Verträge auf Grundlage der VOB/B ändert sich, mangels Veränderung dieser VOB-Regelungen, nichts.

Bislang sieht das BGB für alle zu erbringenden Bauleistungen einheitliche Regelungen zum „Werkvertrag“ vor. Zukünftig wird es eine Unterscheidung von drei Vertragstypen mit jeweils eigenen Regelungen geben, nämlich – wie bisher – den Werkvertrag (die Leistungen sind für den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Gebäudes nicht wesentlich), den Bauvertrag (die Leistungen sind für den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Gebäudes von wesentlicher Bedeutung) sowie den Verbraucherbauvertrag (Gebäudeneubau oder –umbau „aus einer Hand“ für einen Auftraggeber, der Verbraucher ist).

II. Einzelheiten

Aufgrund des erheblichen Umfangs der Reform können im Folgenden nur die wesentlichen Änderungen stichwortartig umrissen werden:

  • Beim Bauvertrag sieht das Gesetz künftig ein einseitiges Anordnungsrecht des Bestellers vor, sowohl Änderungen des vereinbarten Werkerfolgs (z. B. Parkett statt Fliesen) als auch Änderungen, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig sind, jedoch nicht ausgeschrieben waren, herbeizuführen. Gesetzgeberisch ist hierzu ein kooperatives Wechselspiel von gegenseitigen Verpflichtungen der Parteien vorgesehen, mit der Zielrichtung, dass die Parteien binnen 30 Tagen nach Zugang des Änderungsbegehrens eine Einigung über die auszuführenden Änderungen sowie die dafür anfallenden (zusätzlichen) Kosten (Vergütungsanpassung) herbeiführen.

  • Streitigkeiten über derartige auftraggeberseitige Anordnungen sowie Vergütungsanpassungen können von beiden Seiten im Wege eines Einstweiligen Verfügungsverfahrens geklärt werden. Zugewiesen sind diese Verfahren den Landgerichten ohne Rücksicht auf den Streitwert. Insgesamt ist neuerdings bei bauvertraglichen Streitigkeiten die Zuständigkeit (neu zu schaffender) Baukammern bzw. Bausenate bei den Land- und Oberlandesgerichten gegeben.
  • Die fiktive Abnahme (das Werk gilt als abgenommen) wird konkretisiert und rechtssicherer ausgestaltet. Ist der Auftraggeber ein Verbraucher, tritt die Abnahmefiktion jedoch nur dann ein, wenn der Auftragnehmer ihn auf diese Rechtsfolgen zuvor in Textform hingewiesen hat.
  • Gänzlich neu ist die sog. Zustandsfeststellung bei Verweigerung der Abnahme durch den Auftraggeber. Das Gesetz sieht die kooperative Bestimmung eines gemeinsamen Termins zur Zustandsfeststellung vor, der notfalls auch allein durch den Unternehmer durchzuführen ist, falls sich der Auftraggeber pflichtwidrig einer gemeinsamen Feststellung versperrt.
  • Wie seit jeher in der VOB/B geregelt, wird nun auch beim BGB-Bauvertrag der Werklohnanspruch des Auftragnehmers erst fällig, wenn neben der erfolgten Abnahme dem Auftraggeber auch eine prüffähige Schlussrechnung zugegangen ist.
  • Die Regelungen zur Bauhandwerkersicherung bleiben im Kern unverändert. Allerdings ändert sich ihr Anwendungsbereich; sie gelten zukünftig nur noch bei Bauverträgen. Zu Gunsten der Unternehmen ist allerdings der Kreis der Adressaten erweitert worden. Zukünftig kann die Sicherheit auch dann verlangt werden, wenn der Unternehmer mit einem Verbraucher einen Bauvertrag über Leistungen eines Einzelgewerks (z. B. Tischler, Dachdecker, Heizung-Klima-Sanitär) abgeschlossen hat. Davon ausgenommen ist jedoch wiederum der „echte“ Verbraucherbauvertrag, der den Bau eines Ein- oder Mehrfamilienhauses oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude zum Gegenstand hat. Entsprechendes gilt für Bauträgerverträge.
  • Zum Schutz des Verbrauchers ist der sog. Verbraucherbauvertrag in das Gesetz eingefügt worden. Bei den Neubauverträgen werden von den Regelungen zum Verbraucherbauvertrag nur Schlüsselfertigbauverträge „aus einer Hand“ erfasst. Bei der gewerkweisen Errichtung eines Neubaus durch verschiedene Unternehmer ist dies nicht der Fall (siehe oben). Der Verbraucherbauvertrag muss in Textform geschlossen werden und dem Unternehmer wird eine Verpflichtung zur Baubeschreibung sowie zur verbindlichen Angabe des Fertigstellungszeitpunkts oder zur Dauer der Bauausführung auferlegt. Dem Verbraucher steht ein 2-wöchiges Widerrufsrecht zu, wenn er ordnungsgemäß vom Unternehmer darüber belehrt worden ist. Anderenfalls erlischt das Widerrufsrecht erst nach 12 Monaten + 14 Tagen ab Vertragsschluss.

  • Im kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsrecht wird – insbesondere im Geschäft B2B – der Komplex „Kostentragung für den Aus- und Einbau zugelieferten fehlerhaften Materials“ zugunsten des Käufers neu geregelt, indem dieser einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Zulieferer erhält.

III. Fazit

Die demnächst in Kraft tretenden Änderungen im Bauvertragsrecht lösen signifikanten Änderungsbedarf bei der Vertragsgestaltung und –abwicklung sowohl bei der Auftragnehmerseite – insbesondere der baugewerblichen – als auch bei der Auftraggeberseite aus. Dabei wird die Beratung, wie die neuen Vorschriften im Detail rechtssicher auszulegen und anzuwenden sind, zunächst nur annäherungsweise möglich sein, bis obergerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Tendenziell profitieren werden von den Neuregelungen aus Sicht des Verfassers eher die im Regelfall mittelständischen Unternehmen, die zu den Ausbau- bzw. Baunebengewerken gehören. Demgegenüber werden dem Bauhauptgewerbe, dessen Unternehmen sich mit ihren Leistungen regelmäßig im Bereich des neugestalteten Verbraucherbauvertrages bewegen, eher zusätzliche Belastungen und Risiken auferlegt. Spiegelbildlich ist dies zugleich der Vorteil der Reform aus Sicht des Verbrauchers, für den das rechtliche Schutzniveau bei dem Abschluss von Verträgen, die typischerweise erhebliche finanzielle Auswirkungen haben, deutlich angehoben wird.

Ansprechpartner

Hans-Georg Krahl, Rechtsanwalt, Hannover