Neue Vorgaben im Fernabsatzgeschäft: „Button-Lösung“ seit 1. August 2012 in Kraft

Am 1. August 2012 ist die neue Fassung des § 312 g BGB in Kraft getreten. Mit dieser gesetzlichen Neuregelung soll zahlreichen Beschwerden im Zusammenhang mit scheinbaren Gratisangeboten begegnet werden, für die die Verbraucher doch später berechtigt auf Zahlung in Anspruch genommen worden sind, dies aber aufgrund der Unübersichtlichkeit der Angaben in der Internetpräsenz nicht erkennen konnten.

1. Inhalt der Neuregelungen

Wesentlich ist die Einführung der Absätze 2 bis 4 in § 312 g BGB, die wie folgt lauten:

 

„(2) Bei einem Vertag im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen gemäß Artikel 246 § 1 Abs. 1 Nr. 4 erster Halbsatz und Nr. 5, 7 und 8 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen. Diese Pflicht gilt nicht für Verträge über die in § 312 b Abs. 1 Satz 2 genannten Finanzdienstleistungen.

(3) Der Unternehmer hat die Bestellsituation bei einem Vertrag nach Abs. 2 Satz 1 so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

(4) Ein Vertrag nach Abs. 2 Satz 1 kommt nur zu Stande, wenn der Unternehmer seine Pflicht aus Abs. 3 erfüllt.“

 

2. Bedeutung der gesetzlichen Änderung

 

2.1. Die Buttonlösung

 

 

Im Vordergrund der Diskussion steht die in § 312 g Abs. 3 BGB nunmehr geregelte „Buttonlösung“. Dies bedeutet, dass im elektronischen Rechtsverkehr künftig ein Button zu verwenden ist mit einer gut lesbaren Schaltfläche. Der Button muss mit den Worten "zahlungspflichtig bestellen" oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung versehen sein. Bisherige Formulierungen, die sich häufig auf Schaltflächen in diversen Internetshops finden, wie „Bestellen“, „Bestellung absenden“, sind danach unwirksam.

 

 

2.2. Weitergehende Informationspflichten

 

 

Hierneben muss bei entgeltlichen Verträgen mit einem Verbraucher der Unternehmer unmittelbar vor Auslösen der Bestellung klar und unmissverständlich in hervorgehobener Weise die nachfolgenden Informationen zur Verfügung stellen:

 

  1. die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung,
  2. die Mindestlaufzeit des Vertrages, wenn dieser eine dauernde oder regelmäßig wiederkehrende Leistung zum Inhalt hat,
  3. den Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung einschließlich aller damit verbundenen Preisbestandteile sowie alle, über den Unternehmer abgeführten Steuern oder wenn kein genauer Preis angegeben werden kann, seine Berechnungsgrundlage, die dem Verbraucher eine Überprüfung des Preises ermöglicht,
  4. gegebenenfalls zusätzlich anfallende Liefer- und Versandkosten sowie ein Hinweis auf mögliche weitere Steuern oder Kosten, die nicht über den Unternehmer abgeführt oder von ihm in Rechnung gestellt werden.


Diese Informationen müssen direkt vor dem Bestell-Button und somit in dessen unmittelbarer räumlicher Nähe implementiert sein.

 

3. Bedeutung in der Praxis

Diese neuen Vorgaben stellen erhebliche Anforderungen an die Shopbetreiber. Dies betrifft besonders die Pflicht, eine räumliche Nähe der zuvor dargestellten Hinweise und Informationen zu der Schaltfläche zu schaffen, die bereits von der Ausgestaltung her zu Problemen führen kann. Somit reicht es keineswegs aus, den Bestellbutton schlicht umzubenennen.

Problematisch ist des Weiteren die Frage, ob die Regelungen in den jeweiligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch die richtigen Informationen enthalten. Denn bisher finden sich häufig nachfolgende Formulierungen:

 

„Eine verbindliche Bestellung der im Warenkorb enthalten Waren geben Sie durch Anklicken des Buttons „Bestellen“ ab.

 

Wird der Button „Bestellen“ umbenannt, muss natürlich auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Anpassung erfolgen.

Darüber hinaus sind die einzelnen Bestellschritte, welche häufig in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen konkret beschrieben werden, genau durchzusehen und zu aktualisieren. Denn auch dann, wenn diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht aktualisiert werden, die Schaltfläche aber richtig benannt worden ist und auch die weiteren Informationspflichten eingehalten werden, kann ein Mitbewerber oder ein Verband immer noch wegen der dann unrichtigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegebenenfalls eine kostenpflichtige Abmahnung aussprechen.

Problematisch sind nunmehr auch Bestellformulare, da bei diesen in der Regel der Gesamtpreis nicht angezeigt werden kann. Auch wenn diese bisher eine gewisse Transparenz aufgewiesen haben, dürfte deren Gestaltung nunmehr nicht mehr zulässig sein.

Gleichfalls unzulässig dürfte die Ausgestaltung vieler Check-Outs in den Internetshops sein. Denn häufig finden sich unterhalb des Warenkorbs und der Preisangaben weitergehendere Informationen über die eingegebenen Kundendaten, die Lieferanschrift oder die Möglichkeit, Bemerkungen zur Bestellung zu hinterlassen und erst hiernach ist dann der Button „Bestellung absenden“ mit der alten Formulierung implementiert. Selbst wenn hier die neue Formulierung gewählt wird, dürfte auch dies nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, weil zwischen dem Button und dem Preis keinerlei trennende Elemente nach der Intention des Gesetzgebers mehr gegeben sein dürfen.

Auch die vor dem Bestellbutton alter Fassung häufig eingefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Widerrufsbelehrung dürften an dieser Stelle nicht mehr zulässig sein, weil die direkte Verbindung zum Preis hierdurch dann fehlt.

Des Weiteren dürfte für viele Shopbetreiber fraglich sein, was unter den wesentlichen Warenmerkmalen zu verstehen ist. Auch dies schafft eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit.

Im Hinblick auf die Pflicht, Hinweise auf zusätzliche Liefer- und Versandkosten sowie auf mögliche weitere Steuern und Kosten zu geben, die nicht über den Unternehmer abgeführt oder in Rechnung gestellt werden, ist zu berücksichtigen, dass bei einigen Versandarten oder bei Lieferungen in das Ausland zusätzliche Kosten anfallen, die dann gleichfalls zu nennen sind. Da es diese Informationspflichten bisher im Check-Out nicht gab, sind daher umfassende Umgestaltungen notwendig, und zwar immer unter Berücksichtigung der Tatsache, dass räumlich diese Angaben nicht von dem Bestell-Button getrennt werden dürfen.

4. Rechtliche Konsequenzen

 

4.1. Wettbewerbsrechtliche Abmahnung

 

 

Alle Shopbetreiber, die nicht zum 1. August 2012 die Schaltflächen mit den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung versehen haben und/oder die Ihnen nunmehr obliegenden Hinweispflichten nicht in räumlicher Nähe des Bestell-Buttons implementiert haben, müssen nun damit rechnen, dass ihnen eine kostenpflichtige Abmahnung des Rechtsanwaltes eines Konkurrenten oder eines Verbandes zugesandt wird, verbunden mit der Aufforderung, die bisherige Ausgestaltung zu unterlassen. Denn die Regelung von § 312 g BGB ist in der jetzigen Ausgestaltung als eine sogenannte Marktverhaltensregelung anzusehen, welche nach § 4 Nr. 11 UWG Mitbewerber und Verbände berechtigt, etwaige Verstöße selbständig abzumahnen. Hierzu kann sich der Mitbewerber eines Rechtsanwaltes seines Vertrauens bedienen und ist gleichfalls berechtigt, die für die Einschaltung des Rechtsanwaltes entstandenen Kosten dem verstoßenden Betreiber aufzuerlegen, § 12 UWG. Da die Streitwerte für derartige Verstöße schnell zwischen EUR 5.000,00 und EUR 10.000,00 liegen, können sich bereits für die erste Abmahnung Rechtsanwaltsgebühren zwischen ca. brutto EUR 490,00 und brutto EUR 776,00 ergeben.

 

 

4.2. Vertragsrechtliche Konsequenzen

 

 

Noch viel weitreichender ist aber die vertragsrechtliche Konsequenz. Denn nach § 312 g Abs. 2 Satz 1 BGB kommt ein Vertrag nur zu Stande, wenn der Unternehmer seine Pflicht aus Abs. 3 erfüllt. Dies bedeutet:

 

 

„Bei Fehlen einer ordnungsgemäß beschrifteten Schaltfläche oder der notwendigen Informationen kommt kein Vertrag mit dem Besteller zu Stande!“

 

 

Dies bedeutet dann in der Konsequenz, dass im Fall einer bereits erfolgten Versendung der Ware der Shopbetreiber gegebenenfalls mit gerichtlicher Hilfe die Herausgabe der Ware durchsetzen muss, so dass ein unkalkulierbares Kostenrisiko für den Unternehmer im Raum steht.

 

5. Ausblick

Für die Shopbetreiber dürfte die gesetzliche Regelung mit erheblichen Umgestaltungsmaßnahmen und damit einhergehenden Kosten verbunden sein. Häufig sind veraltete Systeme im Einsatz, für die gegebenenfalls gar keine Update-Möglichkeiten bestehen. Wird aber nicht bereits jetzt konkret reagiert und die Hinweispflichten sowie der geforderte Button angepasst, sind nicht nur Abmahnungen zu erwarten. Vielmehr kommen die Verträge mit den Verbrauchern gar nicht erst zu Stande. Es ist daher zwingend anzuraten, sich zeitnah und umfassend mit den neuen gesetzlichen Vorgaben zu befassen und hier zu investieren, da anderenfalls mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für die Shopbetreiber zu rechnen sein dürfte.

Ansprechpartner

Rechtsanwältin Viola Rust-Sorge (Hannover)