Neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwälten und Patentanwälten, Beschlüsse des BVerfG vom 14. Januar 2014

Rechtsanwälte und Patentanwälte können sich gemeinsam in einer GmbH zusammenschließen und die GmbH dafür gleichzeitig als Rechtsanwaltsgesellschaft sowie als Patentanwaltsgesellschaft zulassen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in zwei Beschlüssen vom 14. Januar 2014 - 1 BVR 2998/11 und 1 BVR 236/12 - entschieden.

 

1. Sachverhalt

Beschwerdeführerin in beiden Verfassungsbeschwerden ist eine GmbH i. G. (Vor-GmbH). Gründer und Gesellschafter sind zwei Patentanwälte und ein Rechtsanwalt, die zu gleichen Teilen am Stammkapital der GmbH beteiligt sind. Als Unternehmenszweck wurde die gemeinschaftliche Berufsausübung als Patent- und Rechtsanwälte festgelegt. Die Satzung der GmbH bestimmt, dass die Gesellschafter Mitglieder der Patentanwalts- oder Rechtsanwaltskammer sein müssen oder den übrigen in § 52e Abs. 1 Satz 1 PAO genannten Berufen angehören müssen. Die drei Gesellschafter wurden durch Beschluss der Gesellschafterversammlung zu jeweils einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt. Die Rechtsanwaltskammer lehnte den Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in der Form einer Rechtsanwaltsgesellschaft ab, weil die Beschwerdeführerin weder den Anforderungen des § 59e Abs. 2 Nr. 1 BRAO hinsichtlich der Anteils- und Stimmrechtsmehrheit noch den des § 59f Abs. 1 BRAO hinsichtlich Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit entsprach. Die hiergegen erhobene Verpflichtungsklage wurde vom Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Die Berufung blieb erfolglos. Die Beschwerdeführerin rügt mit beiden Verfassungsbeschwerden eine Verletzung der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG. Durch die Versagung der Zulassung sei sie in ihrer Berufsausübungsfreiheit verletzt. Den angegriffenen Entscheidungen mangele es an einer Rechtsgrundlage, weil die gesetzlichen Vorgaben zur Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie zur Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit der rechtsanwaltlichen Berufsträger verfassungswidrig seien.

 

2. Entscheidung

Das Bundesverfassungsgericht sah die Verfassungsbeschwerden als begründet an. Die Beschwerdeführerin sei auch als Vor-GmbH beschwerdefähig und -befugt. Die mangelnde Eintragung im Handelsregister stehe dem nicht entgegen. Einer Vorgesellschaft stünden ungeachtet ihrer Rechtsfähigkeit gem. Art. 19 Abs. 3 GG bereits Grundrechte zu. Sie könne sich damit auch auf die juristische personengeschützte Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG berufen.

 

3. Hinweise

Die Regelungen in den Berufsordnungen für Rechtsanwälte und Patentanwälte sollen die Anwälte davor bewahren, dass sie in einem Unternehmen ihre berufliche Unabhängigkeit verlieren. Rechtsanwälte sind vor beschränkenden Weisungen und sonstigen Formen der Einflussnahme Dritter in ihrer beruflichen Tätigkeit zu schützen. Die gesellschaftsrechtliche Struktur einer GmbH tangiert diese Unabhängigkeit grundsätzlich nicht, solange sich nur Anwälte in ihr zusammenschließen; dies ist allgemein anerkannt. Auch ein Zusammenschluss von Rechtsanwälten mit Patentanwälten birgt an sich kein Risiko für die berufliche Unabhängigkeit der Beteiligten, weil beide Berufsgruppen nahezu den gleichen berufsrechtlichen Vorgaben unterliegen.

Abzuwarten bleibt jetzt, ob es in der Praxis zu einem vermehrten Zusammenschluss von Rechts- und Patentanwälten kommen wird.

Zudem hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt, dass die Verfassungsbeschwerde nicht auf eine Nichtigkeit der §§ 52e Abs. 3 PAO, 59e Abs. 3 BRAO gestützt werden könne, die das Halten von Anteilen an der Gesellschaft für Rechnungen Dritter und die Beteiligung Dritter am Gewinn der Gesellschaft untersagen. Damit steht fest, dass das treuhänderische Halten von Beteiligungen an Rechtsanwaltsgesellschaften, mit dem immer wieder außenstehende Dritte versuchen, ihren Einfluss in einer Rechtsanwalts-GmbH geltend zu machen, unzulässig ist. Solche Treuhandvereinbarungen sind wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig. Gewinnausschüttungen auf Grund solcher Treuhandvereinbarungen bleiben damit kondizierbar.

 

Ansprechpartner:

Dr. Axel Berninger (Hannover), Rechtsanwalt und Notar