Meldepflicht für internationale und nationale Steuergestaltungen

I. Internationale Steuergestaltungsmodelle

Im Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) haben die Wirtschafts- und Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten am 25.5.2018 die EU-Richtlinie 2018/822 („Richtlinie“) zum verpflichtenden Informationsaustausch im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen verabschiedet.

Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, die Richtlinie spätestens bis zum 31.12.2019 in nationales Recht umzusetzen und ab dem 1.7.2020 anzuwenden. Die Meldung potenziell aggressiver grenzüberschreitender Steuerplanungsgestaltungen und der anschließende vierteljährliche automatische datenbankbasierte Informationsaustausch der Steuerbehörden sollen die Schaffung einer gerechten Besteuerung im Binnenmarkt unterstützen.

Meldepflichtig sind Steuerpflichtige und sog. Intermediäre, die eine potenziell aggressive grenzüberschreitende Gestaltung konzipieren, vermarkten, organisieren oder zur Umsetzung bereitstellen oder die die Umsetzung einer solchen Gestaltung verwalten. Verstöße gegen die Meldepflicht sollen mit Sanktionen geahndet werden. Wenn die Meldepflicht eines Intermediärs aufgrund einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht nicht durchsetzbar ist (z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer), wird die Meldepflicht auf den Steuerpflichtigen oder einen anderen Intermediär verlagert. Anhand von im Anhang der Richtlinie beschriebenen Kennzeichen lässt sich bestimmen, ob eine meldepflichtige Gestaltung vorliegt oder nicht. Dies gilt aber nur dann, wenn die Gestaltung den sog. Main Benefit-Test erfüllt, d.h. wenn festgestellt wird, dass der Hauptvorteil, den eine Person unter Berücksichtigung aller relevanten Fakten und Umstände von einer Gestaltung erwarten kann, die Erlangung eines Steuervorteils ist.

II. Nationale Steuergestaltungsmodelle

Zusätzlich hat sich die Finanzministerkonferenz am 21. Juni 2018 auf die Vorlage eines Gesetzentwurfs über eine Pflicht zur Anzeige nationaler Steuergestaltungen geeinigt. Dem Steuergesetzgeber soll damit die Möglichkeit verschafft werden, zeitnah auf bedeutsame und insbesondere haushaltsrelevante Steuergestaltungen reagieren zu können. Die Anzeigepflicht soll u.a. für die Ertragsteuern, die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Grunderwerbsteuer greifen. Anzeigepflichtig sollen nationale Steuergestaltungen sein, die dazu dienen, den deutschen Steueranspruch zu verringern, die Entstehung des Steueranspruchs in andere Besteuerungszeiträume zu verschieben oder Ansprüche auf Steueranrechnung bzw. -erstattung zu begründen. Vorrangig sollen die Anbieter entsprechender Steuergestaltungen (Intermediäre), nachrangig die Steuerpflichtigen selbst, anzeigepflichtig sein.

Um die Anzeigepflicht auf haushaltsrelevante Steuergestaltungen zu begrenzen, soll eine Anzeige u.a. nicht erforderlich sein, wenn die Steuergestaltung bereits nachweislich bekannt ist oder sie im Einzelnen zu einem Steuervorteil führt, dessen Barwert insgesamt EUR 50.000 nicht übersteigt. Auch wenn die Summe der positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen in zwei der vergangenen drei Jahre nicht mehr als EUR 500.000 betragen hat oder die Steuergestaltung ihrer Ausgestaltung nach nicht auf Großbetriebe oder Konzerne zugeschnitten ist, soll ebenfalls keine Anzeigepflicht bestehen.

Die Anzeige soll eine abstrakte Beschreibung der Gestaltung und der steuerlichen Auswirkungen enthalten, wobei eine Namensnennung des die Gestaltung nutzenden Steuerpflichtigen nicht vorgesehen ist. Missachtung der vorgeschriebenen Anzeige von Steuergestaltungen kann mit Geldbußen von bis zu EUR 100.000 geahndet werden.

III. Fazit

Der Gesetzgeber hat noch einiges vor, um die Richtlinie bis zum 31. Dezember 2019 in nationales Recht umzusetzen und den Gesetzentwurf zu der Meldepflicht nationaler Steuergestaltungen durch den Bundestag und den Bundesrat zu bringen. Berufsverbände wie der Steuerberaterverband und das Institut der Wirtschaftsprüfer haben in ihren Stellungnahmen an das Bundesfinanzministerium viele Fragen und Unklarheiten aufgeworfen, mit denen sich der Gesetzgeber nun auseinandersetzen sollte.
Über die weitere Entwicklung werden wir Sie auf dem Laufenden halten.

Ansprechpartnerin:

Petra Jaretzke, Dipl. Kfm. Steuerberaterin, Wirtschaftsmediatorin, Hannover

14. August 2018