Künstliche Intelligenz (KI) im Unternehmen – Rechtliche Fallstricke beim Einsatz von ChatGPT, DALL-E und anderen KI-Basismodellen

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Einsatzmöglichkeiten von KI (ChatGPT & Co.)

Nach seinem Launch Ende 2022 hat die KI-Anwendung ChatGPT einen wahren Hype erfahren und mit über 100 Millionen Nutzern bereits im Januar 2023 den Rekord als die am stärksten wachsende Internet-Anwendung eingestellt. Die kostenfreie Nutzung und die einfache Bedienbarkeit ermöglichen endgültig jedermann den Zugang zu KI.

Die Anwendungsmöglichkeiten von ChatGPT sind zahlreich. Der Chatbot kann zur Informations- und Wissensabfrage oder zur Schreibunterstützung genutzt werden ebenso wie als Übersetzungshilfe oder als Ideengeber und Inspirationsquelle. Mittels weniger Eingabebefehle kann man ihn auch sogleich ganze Aufgabestellungen lösen lassen, wie etwa das Erstellen einer kompletten Werbeanzeige oder das Schreiben eines Programmcodes.

Das, was ChatGPT für den Textbereich ist, sind DALL-E, Midjourney und Stable Diffusion für den Grafikbereich. Mittels textbasierter Befehle und Handlungsanweisungen („KI-Prompting“ oder „Prompt Engineering“) erstellen oder bearbeiten die Programme ganze Grafiken, Bilder und Videos. Prominentes Beispiel ist eine Werbekampagne von Kraft Heinz, in der man die eigene Ketchup-Flasche von der KI DALL-E in verschiedenen Looks erstellen ließ.

Gemeinsam ist all diesen KI-Tools, dass die Ergebnisse binnen Sekundenbruchteilen vorliegen und direkt oder jedenfalls nach wenigen Anpassungen verwendet werden können. Groß ist die Versuchung, sich die KI-Tools auch in der täglichen Arbeit zunutze zu machen oder gar ganze Arbeitsschritte durch die KI erledigen zu lassen. Doch welche rechtlichen Implikationen gehen mit der Nutzung generativer KI im Unternehmen einher?

Haftungsrisiken bereits beim Prompt Engineering

Haftungsrisiken können bereits beim Prompt Engineering drohen, also bei der Eingabe der Befehle und Handlungsanweisungen in dem jeweiligen KI-Tool. Die Nutzungsbedingungen der meisten Basismodelle sehen vor, dass der Input des Nutzers durch das KI-Tool auch anderen Nutzern frei zur Verfügung gestellt werden kann oder zumindest als Datenbasis für zukünftig generierte Ergebnisse Verwendung finden darf. Zurückhaltung ist also bei der Eingabe von vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen, bei personenbezogenen Daten und bei für Dritte geschützten Werken geboten.

Risiko der Verwendung fehlerbehafteter Informationen

Haftungsszenarien eröffnen sich dann bei einer ungeprüften Verwendung des vom KI-Tool generierten Outputs. Die Basisversion von ChatGPT beispielsweise arbeitet mit Daten, die bis September 2021 im Internet veröffentlicht worden sind, so dass sich bei bestimmten Frage- und Aufgabestellungen bereits die fehlende Aktualität als Fehlerquelle erweisen kann. Wer fehlerbehaftete Informationen dann weiterverwendet und sich zu eigen macht, kann dafür ggf. auch einstehen müssen.

Mögliche Rechte Dritter am Output der KI

Auch können die vom KI-Tool erstellten Inhalte mit Rechten Dritter belegt sein, die dann bei einer unautorisierten Verwendung durch den Anwender des KI-Tools verletzt werden. Denn ChatGPT generiert keine originär eigenen Inhalte, sondern stellt Output aus den Daten zusammen, die es zum Training aus öffentlich zugänglichen Werken und aus Eingaben Dritter gesammelt und mittels Algorithmen des maschinellen Lernens verarbeitet hat. Es drohen Ansprüche der eigentlichen Rechtsinhaber und ggf. auch Regressansprüche Dritter.

Kein eigener urheberrechtlicher Schutz am Output der KI

Ebenfalls Bedeutung erfahren kann der Umstand, dass der durch das KI-Tool erstellte Content erst einmal keinem eigenen Schutz zugänglich ist, jedenfalls nicht nach deutschem Urheberrecht. Die Nutzungsbedingungen sehen zwar oftmals vor, dass die Nutzungsrechte an dem Inhalt auf den Anwender übertragen werden. Ein originäres Recht entsteht aber gar nicht erst, da das deutsche Urheberrecht seinen Schutz daran knüpft, dass ein Werk auf einer persönlich geistigen und damit menschlichen Schöpfung basiert. Daran fehlt es bei dem von den KI-Tools bereitgestellten Output. Folge ist, dass auch Dritte den Output frei nutzen können, ohne dass dem der KI-Anwender entsprechende Rechte entgegenhalten könnte. Das kann zum einen den eigenen Interessen des Anwenders des KI-Tools zuwiderlaufen, aber auch den Interessen und ggf. sogar den Vertragsabreden mit dessen Geschäftspartnern, soweit der vom KI-Tool bereitgestellte Output beispielsweise im Rahmen von Auftragsarbeiten für Dritte Verwendung findet.

Unterschiedliche Bewertung in unterschiedlichen Ländern?

Für zusätzliche Unwägbarkeit sorgt in diesem Zusammenhang das im Urheberecht geltende Schutzlandprinzip, wonach urheberrechtliche Fragestellungen nach dem Sachrecht des Landes beantwortet werden, für dessen Territorium urheberrechtlicher Schutz beansprucht wird, was gerade bei Nutzungshandlungen im weltweit zugänglichen Internet zu unterschiedlichen Ergebnissen und Wertungen führen kann. Während etwa in den USA die Frage nach der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit des durch die KI bereitgestellten Outputs ähnlich beantwortet wird wie in Deutschland, hat jüngst ein Gericht in Shanghai die Urheberrechte an einem durch ein KI-Tool erstellten Text dem Entwickler des verwendeten KI-Basismodells zugeordnet.

Handlungsempfehlungen zum Einsatz von KI (ChatGPT & Co.)

Wer wettbewerbsfähig bleiben will, kann sich dem technologischen Fortschritt nicht per se verschließen. Auch muss sich längst nicht jedes rechtliche Risiko immer zwingend realisieren.

Wichtig ist aber, sich als Unternehmen der bestehenden Risiken und Gefahrenquellen des Einsatzes von generativer KI bewusst zu sein und ein entsprechendes Bewusstsein auch bei den eigenen Mitarbeitern zu schaffen. Denn inwieweit diese sich bei der täglichen Arbeit Unterstützung durch KI-Apps einholen mögen, kann sich mitunter sogar der Kenntnis des Arbeitgebers entziehen. Ob und wie KI-Basismodelle im Unternehmen Verwendung finden dürfen, sollte deshalb offen erörtert und dann in Dienstanweisungen fixiert werden.

Regress- und Haftungsthemen im Verhältnis zum eigenen Kundenkreis sollte durch eine möglichst rechtssichere Vertragsgestaltung begegnet werden.

Dort, wo es aus unternehmerischer Sicht angezeigt erscheint, kann der Output der KI um ein menschliches Zutun von hinreichender Schöpfungshöhe ergänzt werden oder ggf. entsprechenden Schutzrechtsanmeldungen (Marken oder Designs) zugeführt werden, um ausschließliche Rechtspositionen am finalen Inhalt für sich bzw. zur Übertragung an den eigenen Abnehmerkreis zu begründen.

Wir begleiten Sie gern bei der Implementierung entsprechender Arbeitsabläufe in Ihrem Hause und beraten Sie zu allen Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI in Ihrem Unternehmen.



Autor: Dr. Henning Kohlmeier