Kartellbußgeldverfahren - Preisbindung der zweiten Hand

Preisbindungen werden in der deutschen Praxis aus kartellrechtlicher Sicht überaus kritisch betrachtet. Bei vielen Mittelständlern ist das Thema Preisbindung der zweiten Hand jedoch noch nicht in den Fokus gerückt. Über die immer neuen Bußgeldrekorde für die "klassischen" Preis- und Gebietskartelle und spektakulären Marktmissbrauchsfälle droht in Vergessenheit zu geraten, dass auch im Verhältnis zwischen Lieferant und Händler kartellrechtliche Risiken schlummern und Sanktionen drohen. Das Bundeskartellamt hat in letzter Zeit verstärkt Lieferanten ins Visier genommen, die versucht haben, die Wiederverkaufspreise ihrer Händler vorzugeben.

Die Preisbindung der zweiten Hand bezeichnet die Vereinbarung eines Preises oder Preisrahmens für den Weiterverkauf zwischen dem Lieferanten und dem Zwischenhändler eines Produkts oder einer Dienstleistung. So darf z. B. der Lieferant seinem Händler nicht den seinen weiteren Abnehmern zu berechnenden Preis vorschreiben. Der Händler muss selbst darüber entscheiden können, welche Preise er von seinen Kunden fordert. Preisbindungen der zweiten Hand sind ausnahmslos verboten.

Demgegenüber sind unverbindliche Preisempfehlungen bis zu einem Marktanteil des Lieferanten von 30 % grundsätzlich erlaubt. Etwas anderes gilt wiederum dann, wenn sich die Preisempfehlung wegen der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen durch eine der Vertragsparteien tatsächlich wie Fest- oder Mindestpreise auswirken. Unzulässiger Druck wäre z. B. eine Drohung, die Belieferung einzustellen oder zu verzögern, wenn der empfohlene Preis nicht eingehalten wird. Ein anderes Beispiel ist die Androhung von Rabattkürzungen, die ebenfalls unzulässig ist.

 

Fazit

Bei vielen Lieferanten besteht im Bereich von Preisbindungen der zweiten Hand meist sehr wenig Unrechtsbewusstsein. Dies betrachtet das Bundeskartellamt überaus kritisch. Im Fall eines Elektrowerkzeugherstellers hat das Bundeskartellamt sogar gezeigt, dass ein kartellrechtswidriges System der vertikalen Preisbindung mit Druckausübung – auch ohne das Vorliegen schriftlicher Beweise – allein durch Vernehmungen von Zeugen bewiesen und ein Bußgeld verhängt werden kann. Aufgrund der vielen Mitwisser bei einer vertikalen Preisbindung, ist das Aufdeckungsrisiko für den Preisbinder auch dann ernst zu nehmen, wenn schriftliche Kommunikation bewusst vermieden wird. Unternehmen kann angesichts dieser Situation nur geraten werden, auf jegliche Praktiken zu verzichten, die als Beeinflussung eines Händlers im Hinblick auf dessen Abgabepreise verstanden werden könnten.

 

Ansprechpartnerin

Anke Brinkhus (Hannover), LL.M. (Wirtschaftsstrafrecht), Fachanwältin für Steuerrecht