Haftung des Testamentsvollstreckers für fehlerhafte Nachlassverteilung

Das Oberlandesgericht München hat mit Urteil vom 13.3.2019 (Az. 20 U 1345/18) eine Testamentsvollstreckerin, die Anordnungen im Testament für die Verteilung des Nachlasses unter den Erben nicht beachtet hat, zum Schadenersatz verurteilt.

I. Sachverhalt

Die Erblasserin wurde von ihren fünf Kindern zu gleichen Anteilen beerbt. Als Testamentsvollstreckerin setzte sie eine Rechtsanwältin ein. Im Testament bestimmte die Erblasserin, dass die an zwei ihrer Kinder bereits zu Lebzeiten ausgezahlten Beträge von EUR 83.586 bzw. EUR 35.000 als sogenannte Vorempfänge anzurechnen sind. Im Rahmen der Verteilung des Nachlasses überwies die Testamentsvollstreckerin dennoch allen fünf Kindern einen gleichen Betrag, berücksichtigte die testamentarische Anordnung also nicht. Dies führte dazu, dass drei der Kinder jeweils einen Betrag von ca. EUR 23.000 zu wenig erhalten haben. Das Gericht verurteilte die Testamentsvollstreckerin zum Ersatz des Schadens.

 

II. Haftungsrisiko für Testamentsvollstrecker

Dass eine – wenn auch fahrlässige – Missachtung von Anordnungen im Testament eine Schadenersatzverpflichtung für den Testamentsvollstrecker nach sich zieht, ist nachvollziehbar. Das Gleiche gilt jedoch auch für den Fall, dass der Testamentsvollstrecker – aus schlichter Unwissenheit – gesetzliche Bestimmungen im Rahmen der Nachlassverteilung nicht beachtet. Die bei der Nachlassverteilung zu berücksichtigenden Vorempfänge (das sind insbesondere Schenkungen an Kinder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) lassen sich nämlich regelmäßig nicht aus dem Testament entnehmen. Der Testamentsvollstrecker muss sich Informationen über Vorempfänge vielmehr von den Abkömmlingen des Verstorbenen selbst besorgen. Doch selbst wenn er Kenntnis von Vorempfängen erlangt, gelingt es ihm nicht zwangsläufig, die Ausgleichsbeträge im Rahmen der Nachlassverteilung zutreffend zu berechnen. Die Regelungen über die Ausgleichung von Vorempfängen (§§ 2050 ff. BGB) sind kompliziert.

 

III. Rat

Deshalb ist einem als Testamentsvollstrecker eingesetzten Laien oder Juristen, der nicht auf dem Gebiet des Erbrechts tätig ist, dringend anzuraten, einen Fachanwalt für Erbrecht zu konsultieren, um im Rahmen der Verteilung des Nachlassvermögens keine Fehler zu machen, für die er später finanziell einzustehen hat.

 

Ansprechpartner:

Siegrid Lustig, Fachanwältin für ErbR, Zertifizierte Testamentsvollstreckerin (AGT)