Allianz: Gleichbehandlung von Männern und Frauen in einem Dienstverhältnis - wieder ein aktuelles Thema

Inhaltsübersicht

I. Europäische Gesetzgebung
II. „Alte neue Aufgaben” für die Unternehmen 
III. Öffentliche Aufträge und Konzessionen
IV. Was können wir Ihnen empfehlen? 

 


I. Europäische Gesetzgebung

Im Mai 2023 wurde die Richtlinie (EU) 2023/970 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen verabschiedet, und die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese Richtlinie bis zum 07.06.2026 in nationales Recht umzusetzen.

Für einige Mitgliedstaaten stellt diese Richtlinie keine grundlegende Änderung dar, da sie die Grundsätze der Transparenz und des gleichen Entgelts bereits seit langem anwenden.

Für andere Mitgliedstaaten stellt diese Richtlinie wiederum eine bedeutende Verände-rung dar, da die Rechtssysteme derartige Verpflichtungen in diesem Umfang noch nicht kennen und auch die Praxis in den jeweiligen Nationalstaaten in dieser Hinsicht noch nicht so weit fortgeschritten ist. Wissen Sie, dass die Differenz zwischen der Vergütung von Männern und Frauen in vielen europäischen Ländern, wie Tschechien, Frankreich, Finnland, Slowakei, Ungarn, der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und Estland 15 % und mehr beträgt (Stand 12/2022)?     

Zwischen den EU-Ländern gibt es daher erhebliche Unterschiede, was die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Bezug auf Arbeitsentgelt sowie die Entgelttransparenz betrifft, wobei diese Richtlinie zu deren Beseitigung beitragen soll.

II. „Alte neue Aufgaben” für die Unternehmen 

Welche wichtigsten Verpflichtungen führt die Richtlinie für die Unternehmen ein? Hier eine kurze Zusammenfassung: 

Die Entgelttransparenz vor der Beschäftigung enthält die Pflicht den Stellenbewerber vor dem Vorstellungsgespräch über das Ein-stiegsentgelt oder dessen Spanne, ggf. über den Tarifvertrag zu informieren. Es soll nicht zulässig sein, den Stellenbewerber nach seiner Entgeltentwicklung befragen zu dürfen. 

Das Entgelttransparenz- und Auskunftsrecht führt das Recht des Arbeitnehmers ein, über die objektiven und geschlechtsneutralen Kriterien hinsichtlich der Festlegung seines Entgelts, Entgelthöhe und Entgeltentwicklung sowie über die durchschnittliche Ent-gelthöhe für die gleiche Arbeit informiert zu werden. Darüber hinaus darf der Arbeitnehmer nicht daran gehindert werden, sein Entgelt offenzulegen, anders lautende Vertragsbedingungen werden verboten.
 
Es soll eine detaillierte verpflichtende Berichterstattung über das Entgeltgefälle zwischen Männern und Frauen für Ar-beitgeber mit 100 oder mehr Arbeitnehmern an die zuständigen nationalen Behörden erfolgen. Die Frequenz und der Zeitpunkt der Berichterstattung hängen von der Anzahl der Arbeitnehmer (jährliche Berichte, Berichte alle drei Jahre) ab. Diese Arbeitgeber werden weiterhin verpflichtet, in bestimm-ten Fällen gemeinsame Lohnbeurteilungen mit Arbeitnehmervertretern durchzuführen.

Im Allgemeinen soll die Richtlinie sicherstellen, dass der Unterschied in der durchschnittlichen Höhe des Entgelts zwischen Frauen und Männern – gender pay gap – in einer Gruppe von Arbeitnehmern nicht mehr als 5 % beträgt, es sei denn, der Unterschied ist durch objektive und geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt.

Hält sich ein Arbeitnehmer durch Nichtanwendung des Grundsatzes des gleichen Ent-gelts in seinen Rechten für verletzt, trägt in einem Streitfall vor einer Behörde oder Gericht immer der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass keine unmittelbare oder mittel-bare Entgeltdiskriminierung vorliegt.

Wird eine solche Diskriminierung im Zu-sammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts nachgewiesen, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf vollständigen Schadenersatz, einschließlich des Ersatzes des immateriellen Schadens.

III. Öffentliche Aufträge und Konzessionen

Unternehmen, die sich an öffentlichen Aufträgen und Konzessionen beteiligen, müssen die Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts und der Entgelttransparenz strikt einhalten. 

Die Mitgliedstaaten werden die Möglichkeit haben, im Rahmen ihrer nationalen Vor-schriften erhebliche Sanktionen für Verstöße einzuführen, z. B. die Möglichkeit der Kündigung des öffentlichen Vertrags, den Ausschluss von der Teilnahme am Vergabeverfahren usw.

Ein gender pay gap ≤ 5 % in einer Gruppe von Arbeitnehmern, ist strikt einzuhalten.

IV. Was können wir Ihnen empfehlen? 

  • Verfolgen Sie den Prozess der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht und denken Sie daran, dass einzelne Mitgliedstaaten noch strengere Verpflichtungen einführen können.
  • Überprüfen Sie die Vergütungspolitik in Ihrem Unternehmen und passen diese ggf. an, mit besonderem Fokus auf die Festlegung von Vergütungskriterien, die objektiv und geschlechtsneutral sein müssen und gleichzeitig die Fähigkeiten, den Einsatz, die Verantwortung und die Arbeitsbedingungen widerspiegeln müssen.
  • Überprüfen Sie die Musterarbeitsverträge, mit besonderem Fokus auf die entsprechende Festlegung der Vergütung und der Beseitigung unwirksamer Vereinbarungen. 

Beschäftigt Ihr Unternehmen mehr als 150 Mitarbeitende? Dann bereiten Sie sich auf eine regelmäßige Berichterstattung begin-nend ab dem 07.06.2027 vor.

Beteiligt sich Ihr Unternehmen an öffentlichen Aufträgen und Konzessionen? Dann denken Sie daran, dass die Nichteinhaltung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit und Entgelttransparenz erhebliche Strafen nach sich ziehen kann.  

Für weitere Informationen über die Gesetzgebung in den einzelnen Mitgliedsstaaten wenden Sie sich gerne an die Expert:innen der Schindhelm Allianz. 

Unsere Kolleginnen und Kollegen, die den Umsetzungsprozess verfolgen, werden Sie zu gegebener Zeit in nationalen Newslettern über anstehende Neuerungen informieren.
 



Autor: Monika Wetzlerová-Deisler