Türkei: Force Majeure und Wegfall der Geschäftsgrundlage in der Türkei

Wann entfällt die Pflicht zur Vertragserfüllung?

Gemäß den Bestimmungen des türkischen Obligationenrechts gilt, dass der Anspruch auf die Erbringung einer Leistung erlischt, wenn diese durch Umstände, die der Schuldner nicht zu vertreten hat, unmöglich geworden ist. Der Anspruch auf die Gegenleistung erlischt in diesem Fall ebenfalls. Höhere Gewalt liegt vor, wenn das schadensverursachende Ereignis von außen einwirkt, unvermeidbar und bei Eintreten in das Vertragsverhältnis nicht vorhersehbar war und der Schuldner durch dieses Ereignis an der Leistungserbringung gehindert wird. Liegt ein Fall der höheren Gewalt vor, so muss vorerst darauf abgestellt werden, ob die zu erbringende Leistung durch diesen Zustand nur vorübergehend oder dauerhaft unmöglich wird. Bei dauerhafter Unmöglichkeit erlischt die Leistungspflicht, bei vorübergehender Unmöglichkeit ist lediglich die fristgerechte Erbringung der Leistung unmöglich, so dass der Schuldner zur Leistungserbringung verpflichtet ist, sobald das Ereignis der höheren Gewalt beendet ist.

Wann kommt ein Rücktritt oder eine Anpassung des Vertragsverhältnisses in Betracht?

Ein Rücktritt vom Vertrag oder eine Anpassung der Vertragsverhältnisse kommt im türkischen Recht im Falle des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage liegt vor, wenn sich die Bedingungen und Umstände, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorlagen, zu einem späteren Zeitpunkt in unvorhersehbarer und außerordentlicher Weise verändert haben, ohne dass diese Veränderung vom Schuldner zu vertreten ist, und die Erbringung der Leistung dadurch für den Schuldner unzumutbar wird.

Das türkische Obligationenrecht sieht beispielsweise bei der Herstellung eines Werkes zu einem Pauschalbetrag vor, dass die Anpassung des Vertrages verlangt werden kann oder der Rücktritt vom Vertrag möglich ist, wenn die Herstellung des Werkes zu dem Pauschalbetrag durch Umstände, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbar waren oder aber zwar vorhersehbar waren, aber von den Vertragsparteien nicht einkalkuliert wurden, unzumutbar wird.

Wie können künftige Vertragsverhältnisse optimalerweise gestaltet werden?

Es empfiehlt sich, in den Vertrag besondere Klauseln zur höheren Gewalt aufzunehmen. So sollte sowohl definiert werden, welche Ereignisse als höhere Gewalt gelten, als auch, welche Rechtsfolgen der Eintritt eines Force Majeur-Ereignisses hat. Ferner sollten Anpassungsklauseln für den Fall aufgenommen werden, dass sich Rohstoffpreise unverhältnismäßig verteuern oder Lieferungen ausfallen und aus diesem Grund entweder nicht rechtzeitig geliefert werden kann oder aber bei anderen Lieferanten zu höheren Preisen bestellt werden muss.



Autor: Gürkan Erdebil