Falsche Erbschaftsteuerbescheide - Erben drohen Nachzahlungen!

In NRW hat der Landesrechnungshof (LRH) bei seiner Prüfung festgestellt, dass nahezu jeder zweite Bescheid über die Erbschaftsteuer fehlerhaft ist. Demnach sind von Erben insgesamt rund EUR 14,7 Mio. zu wenig Steuern gezahlt worden.

I. Prüfungsfeststellungen des LRH

Der LRH in NRW hat 1.209 Erbschaftsteuerbescheide geprüft, von denen 555 Bescheide fehlerhaft waren. Vornehmlich wurden sog. B-Fälle überprüft. Das sind bedeutende Steuerfälle mit einem voraussichtlichen Rohvermögen von EUR 1,5 Mio. oder einer voraussichtlichen Steuerforderung über EUR 75.000,00. Von dem bisher festgestellten Mehrergebnis in Höhe von rund EUR 14,7 Mio. können jedoch aufgrund von bereits eingetretener Verjährung ca. EUR 9 Mio. nicht mehr erhoben werden.

Zwar stammen die Zahlen aus NRW, sie veranschaulichen aber ein bundesweites Problem:

  • Zum einen ist es für den durchschnittlichen Steuerzahler kaum möglich, die Formulare für die Erbschaftsteuererklärung zu verstehen und korrekt auszufüllen.
  • Zum anderen sind die Finanzämter bei der Erbschaftsteuer besonders stark auf die Mitwirkung und Ehrlichkeit der Steuerzahler angewiesen.

II. Auslandsimmobilien

Eine häufige Fehlerquelle ist z. B. die Angabe zu Auslandsimmobilien. Denn Daten zu Grundstückswerten im Ausland liegen dem Finanzamt nicht vor. Allerdings schlägt der LRH hier ausdrücklich eine Internetrecherche vor, so dass größere Abweichungen zwischen dem erklärten und dem tatsächlichen Wert dadurch ausgemacht werden können, dass die Lage des Objektes über eine Suche, z. B. bei Google Maps, verifiziert wird. Auch bei einschlägigen Immobilien-Portalen könnten Vergleichswerte recherchiert werden.

III. Besonderer Versorgungsfreibetrag

Ein weiterer Problembereich ist laut LRH der besondere Versorgungsfreibetrag. Dieser steht grundsätzlich dem überlebenden Ehepartner zu, muss aber gekürzt werden, wenn der Hinterbliebene bestimmte Versorgungsbezüge bezieht. Auch hier werden häufig falsche Angaben gemacht. Zu diesem Ergebnis kam der LRH, indem er Daten sichtete, die zu Einkommensteuerfällen des Erblassers und der Hinterbliebenen gespeichert waren.

IV. Mögliche Folgen

Für Steuerzahler, in deren Steuerbescheiden der LRH Fehler gefunden hat, kann es zu Nachprüfungen kommen. Dem Finanzamt liegen dann sog. neue Tatsache vor, so dass die Erbschaftsteuerbescheide zum Teil noch bis zu 7 Jahre, nachdem der Steuerzahler von seiner Erbschaft erfahren hat, zu korrigieren sind. Für Erben, die absichtlich etwas verschwiegen haben, drohen nicht nur Steuernachzahlungen, sondern auch die Einleitung von Strafverfahren. Liegt eine Steuerhinterziehung vor, verlängert sich die steuerliche Verjährungsfrist auf 10 Jahre.

V. Fazit

Sollte das Finanzamt absichtliche Steuerhinterziehung vermuten, müssen die Erben mit einer Strafverfolgung rechnen. Da die Tat dann als entdeckt gilt, dürfte eine Selbstanzeige nicht mehr möglich sein. Dennoch sollten Betroffene ihre Angaben kontrollieren und ggf. korrigieren. Denn selbst in diesen Fällen wirkt sich eine „Selbstanzeige“ immer noch strafmildernd aus.

Angesichts der Komplexität der Erbschaftsteuer, sollten sich Erben bei der Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung kompetent beraten lassen.

 

Ansprechpartnerinnen

Rechtsanwältin Anke Brinkhus, LL.M, Hannover
Rechtsanwältin Siegrid Lustig, Hannover