Faktischer Geschäftsführer und Insolvenzverschleppung – Strafbarkeit und Praxishinweise

Faktischer Geschäftsführer ist, wer ohne formell wirksam zur Geschäftsführung berufen zu sein, die Geschäftsführung mit Einverständnis der Gesellschafter übernimmt und ausübt. Der BGH meint, er müsse gegenüber den formellen Geschäftsführern eine „überragende“ Stellung oder zumindest ein „Übergewicht“ inne haben.

Gerät die Gesellschaft nunmehr in Überschuldung oder nur drohende Zahlungsunfähigkeit, war bis zum MoMiG seit jeher anerkannt, dass auch der faktische Geschäftsführer sich der strafbaren Insolvenzverschleppung (§ 15 a Absatz 4, Absatz 5 InsO) aussetzt, wenn nicht rechtzeitig Insolvenzantrag gestellt wird. Klar war auch nach der herrschenden Meinung, dass der faktische Geschäftsführer keine Antragsbefugnis gegenüber dem Insolvenzgericht hat.

Mit der Neufassung des § 15 a Absatz 1 InsO ging in der Literatur die Hoffnung einher, dass nunmehr die Lücke zwischen Strafbarkeit und Insolvenzantragsrecht durch die Strafgerichte geschlossen würde.

Dem ist der BGH mit seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2014 (GWR 2015, Seite 53) erneut entgegengetreten. Der BGH stellte fest, dass faktische Geschäftsführer, wie bislang auch, sich einer strafbaren Insolvenzverschleppung durch das Fortführen einer schon insolventen Gesellschaft strafbar macht. Freilich musste der BGH dazu den faktischen Geschäftsführer als ein „Mitglied des Vertretungsorgans“ im Sinne des § 15 a Absatz 1 InsO ansehen, was er mit diesem Beschluss getan hat. Diese Auffassung stößt in der Literatur zwar auf Kritik, weil sie gegen das Analogieverbot des Grundgesetzes verstoßen solle. Der BGH stützt den Strafbarkeitsvorwurf jedoch weniger darauf, dass kein Insolvenzantrag gestellt wurde, sondern, dass der faktische Geschäftsführer die Gesellschaft trotz ihrer Insolvenz faktisch weiter führe.

Praxishinweis

Wer daher auf die Geschicke „seiner“ Gesellschaft ohne die rechtliche Stellung eines Geschäftsführers maßgeblichen Einfluss nimmt, sollte, wenn sich eine Krise abzeichnet, frühzeitig anwaltlichen Rat suchen, um sich nicht der möglichen Strafbarkeitsfolge des § 15 a InsO auszusetzen.

Ansprechpartner

Rechtsanwalt Matthias Kirsch, LL.M. (USA), Osnabrück
Rechtsanwalt Dr. Christoph Bielak, Osnabrück