Entgeltbestandteile und Mindestlohngesetz – Klarheit durch aktuelle BAG-Entscheidung?

Seit dem 1. Januar 2015 gilt aufgrund des § 1 Mindestlohngesetz (MiLoG) ein gesetzlicher Mindestlohn i. H. v. brutto EUR 8,50/Stunde. In der Praxis stellt sich häufig die Frage, welche Entgeltbestandteile eines Arbeitnehmers diesen Mindestlohnanspruch erfüllen. Jüngst hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 –) hierzu Stellung genommen.

1. Ausgangslage

Die Klägerin war in Vollzeit bei der Beklagten beschäftigt. Die Höhe des Lohnes richtete sich dabei nach einem schriftlichen Arbeitsvertrag, der neben einem Monatsgehalt besondere Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld vorsah. Aufgrund einer Betriebsvereinbarung wurde der Beklagten seit Januar 2015 monatlich neben ihrem Bruttomonatslohn 1/12 des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes ausbezahlt. Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, dass die Jahressonderzahlungen (Urlaubs- u. Weihnachtsgeld) den Mindestlohnanspruch nicht im Wege der „Auffüllung“ erfüllen und die vertraglich zugesagten prozentualen Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen seien.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Klägerin eine Erhöhung des Nachtzuschlages auf Basis von EUR 8,50 zugesprochen und die Berufung der Klägerin im Übrigen abgewiesen. Mit ihrer Revision unterlag die Klägerin nun vor dem Bundesarbeitsgericht vollständig.

2. Entscheidung des BAG

Das BAG entschied, dass die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes nicht dazu führe, dass bisher bestehende Vereinbarungen über das Monatsgehalt, Jahressonderzahlungen oder sonstige Lohnzuschläge in ihrem Bestand berührt würden. Der gesetzliche Mindestlohn trete als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen (vertraglichen) Anspruchsgrundlagen, verändere diese aber nicht. Es bleibe daher lediglich zu überprüfen, ob der nach den von der Klägerin tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden entstandene Mindestlohnanspruch erfüllt worden sei, weil auch die regelmäßig und vorbehaltlos monatlich zu 1/12 gezahlten Jahressonderzahlungen Erfüllungswirkung für diesen Anspruch hätten.

3. Bewertung und Ausblick für die Praxis

Die Entscheidung des BAG ist in ihrer derzeitigen Absolutheit überraschend. In der Rechtsprechung und Praxis wurde die vom BAG entschiedene Frage bisher nicht derart eindeutig beurteilt. Beachtung dürfte die dem Sachverhalt zugrunde liegende Betriebsvereinbarung verdienen, welche eine monatliche Zahlung der Jahressonderzahlungen ermöglichte. Schon das Landesarbeitsgericht hatte hervorgehoben, dass diesem Auszahlungsmodus eine maßgebliche Bedeutung für die Anrechenbarkeit zukommen würde. Es bleibt zu hoffen, dass das BAG in seinen Entscheidungsgründen (noch nicht veröffentlicht) klar Stellung bezieht, wann Jahressonderzahlungen Erfüllungswirkung für den gesetzlichen Mindestlohn zukommt und aus welchem Grund Lohnzuschläge dem MiLoG offenbar nicht unterliegen.

Ansprechpartner

Hans-Georg Krahl, Rechtsanwalt, Hannover
Nils Greve, Rechtsanwalt, Hannover