Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem UK: Zollrechtliche Folgen ab dem 1. Januar 2021

 

Nachdem das UK aus der EU ausgetreten ist, besteht seit dem 1. Januar 2021 eine Zollgrenze zwischen der EU und dem UK. Dies hat zur Folge, dass eine Zollabfertigung durchgeführt werden muss. Exporteure und Importeure haben die Zollformalitäten abzuwickeln und das Zollrecht zu beachten. Denn aus den innergemeinschaftlichen Lieferungen mit dem UK sind nun Exporte und Importe geworden. Dies bedeutet zum Teil erheblichen Mehraufwand und höhere Kosten vor allem für Unternehmen, die bislang nur innerhalb des EU-Binnenmarktes tätig waren. Diese müssen sich nun erstmalig mit den Besonderheiten der Zollabfertigung beschäftigen und eine EORI Registrierung (Economic Operators' Registration and Identification) beim Zoll beantragen.

 

Welche Erleichterungen wurden geschaffen?


Die EU ist mit einem ca. 50% Anteil der größte Handelspartner des UK. Um für den Warenverkehr mit dem UK Erleichterungen zu schaffen, ist das lange nicht mehr für möglich geglaubte Handels- und Kooperationsabkommen der EU mit dem UK vorläufig am 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Dieses beinhaltet u.a. ein Freihandels- und Präferenzabkommen Grundsätzlich bedeutet die Nutzung von Präferenzen, dass Zollermäßigungen bzw. Zollbefreiungen in Anspruch genommen werden können.

 

Präferenzen/ Zollfreiheiten nur für Ursprungswaren der EU und des UK


Entgegen vieler Erwartungen sind nun Warenlieferungen im direkten Warenverkehr mit dem UK nicht grundsätzlich zollfrei. Werden zum Beispiel Waren aus China über Deutschland in das UK weiter geliefert, können nunmehr nicht nur bei der Einfuhr nach Deutschland, sondern auch bei der Einfuhr in das UK Zölle anfallen.

 

Im Warenverkehr mit dem UK kommen Zollfreiheiten nur für Ursprungswaren der EU und des UK in Betracht. Für die Nutzung dieser Zollpräferenzen müssen Präferenznachweise erbracht werden. Hierbei handelt es sich um Ursprungsnachweise gemäß dem Handels- und Kooperationsabkommen. Die Wirtschaftsbeteiligten müssen sich neben den allgemeinen Ein- und Ausfuhrformalitäten mit der Thematik Präferenzen und den Ursprungsregeln befassen und zu den sowieso festgestellten Ein- und Ausfuhrformalitäten Ursprungsnachweise erbringen. Die Vereinbarung enthält hierzu ein umfangreiches Präferenzabkommen, welches im Vergleich zu den übrigen Abkommen der EU allerdings großzügiger gefasst ist. Während zum Beispiel in anderen Abkommen ein Anteil der Vormaterialien des präferenzbegünstigten Produktes ohne Ursprungsbescheinigung von 30% als ursprungsschädlich angesehen wird, liegt diese Wertklausel laut EU-UK-Abkommen in der Regel bei 50%.

 

Präferenznachweis


Wie bei allen jüngeren Freihandelsabkommen gilt nun als Präferenznachweis die Erklärung zum Ursprung auf einem Handelspapier. Weiterhin ist die sogenannte volle Kumulation möglich, dafür gibt es Lieferantenerklärungen ohne Präferenzursprungseigenschaft.

 

Warenaustausch DE-UK


Bei den Exporten in das UK kann bis zu einem Warenwert von 6.000 EUR die Erklärung zum Ursprung von jedem Ausführer erstellt werden, bei höheren Warenwerten dürfen nur registrierte Ausführer (REX) eine Ursprungserklärung abgeben.

Für die Feststellung des präferenziellen Ursprunges durch den Ausführer sind in der Regel Lieferantenerklärungen für Vormaterialien oder Vorhandelswaren erforderlich. Neue und bestehende Lieferantenerklärungen zum EU-Ursprung sind nunmehr für den Präferenzverkehr mit dem „UK/GB“ anzupassen.

Da es angesichts der kurzfristigen Veröffentlichung des Abkommens für Lieferanten schwierig sein wird, den Ausführern rechtzeitig alle einschlägigen Erklärungen vorzulegen, können diese auch nachträglich vorgelegt werden. Konkret ist es laut Durchführungsverordnung (EU) 2020/2254 der Kommission zulässig, bis zum 31. Dezember 2021 Erklärungen zum Ursprung für Ausfuhren in das UK auf der Grundlage von Lieferantenerklärungen, unter der Bedingung ausfertigen, dass sich die Lieferantenerklärungen bis zum 1. Januar 2022 im Besitz des Ausführers befinden. Der Lieferant muss die Lieferantenerklärung nachträglich vorlegen.

 

Warenaustausch UK-DE


Für den Warenimport aus dem UK besteht die Problematik, dass das UK bislang das „Lieferantenerklärungssystem“ im UK Recht noch nicht installiert hat. Es ist davon auszugehen, dass für eine Präferenzbehandlung in der EU notwendige Ursprungserklärungen seitens der UK-Exporteure nicht zeitgerecht geliefert werden und zunächst Zölle in der EU zu entrichten sind. Diesbezüglich können innerhalb von drei Jahren Erstattungsanträge gestellt werden.

 

Zusammenfassung


Grundsätzlich ist bei Ein- und Ausfuhren von der EU mit dem UK die Zollabfertigung unter Beteiligung des Zoll-EU und Zoll-UK zu durchlaufen. Es gelten sämtliche zollrechtlichen Verbote und Beschränkungen.

Gleichfalls ist das Außenwirtschaftsrecht zu beachten (Exportkontrolle nach dem AWG, Dual-Use Güter, Exportgenehmigungen). Damit möglichst wenig förmliche Ausfuhrgenehmigungen für sensible Güter beantragt werden müssen, gibt es weiterhin eine „Allgemeine Genehmigung“ für das UK. Die Einfuhrumsatzsteuer ist bei Einfuhren zu zahlen und bleibt durch das Abkommen unberührt.

Für den Bereich der Zollabgaben wurden Erleichterungen dadurch geschaffen, dass für Ursprungswaren der EU bzw. dem UK keine Zölle und auch keine Abgaben gleicher Wirkung zu entrichten sind. Diesbezüglich wird in den betroffenen Unternehmen eine erstmalige bzw. erneute Auseinandersetzung mit dem Präferenzrecht, eine Anpassung von Lieferantenerklärungen und ggf. weiteren Vertragsanpassungen nötig sein.

 

Ansprechpartner:
Anke Brinkhus
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht
Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover