Die Auftraggeberhaftung nach dem neuen Mindestlohngesetz

Zum 01.01.2015 ist in Deutschland das neue Mindestlohngesetz (MiLoG) in Kraft getreten. Neben der Einführung des deutschlandweiten Mindestlohns in Höhe von EUR 8,50 sieht das Gesetz auch diverse Instrumente zur Sicherung des Mindestlohns vor.

Eines dieser Sicherungsinstrumente ist die sogenannte Auftraggeberhaftung, geregelt in § 13 MiLoG durch Verweis auf die gesetzliche Haftungsregelung des § 14 Arbeitnehmerentsendegesetz. Hiernach haftet der Auftraggeber einer Dienst- oder Werk-leistung für die Zahlung des Mindestlohns der vom Auftragnehmer eingesetzten Arbeitnehmer oder Leiharbeitnehmer.

Haftungsadressat
Der Wortlaut der Haftung ist zunächst weit gefasst. Die Auftraggeberhaftung dürfte jedoch aufgrund des Verweises auf die Regelung des § 14 Arbeitnehmerentsendegesetz einschränkend auf sogenannte „Generalunternehmer“ auszulegen sein. Unter Generalunternehmer versteht man Unternehmer, die sich zur Erfüllung einer eigenen Verpflichtung eines dritten Unternehmers bedienen. In diesem Fall erfüllt der Unternehmer die eingegangene Verpflichtung nicht mit eigenen Arbeitnehmern, sondern mit fremden Arbeitskräften, woraus sich wiederum die Haftung rechtfertigen soll.

Die Haftung greift demnach nicht, wenn der Unternehmer eine Werk- oder Dienstleistung zur Deckung seines Eigenbedarfs (beispielsweise Beauftragung eines Dachdeckerunternehmens zur Reparatur eines Lagerdaches) in Auftrag gibt. Sie gilt nur, wenn ein Unternehmer eine eigene vertragliche Verpflichtung zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung an einen Dritten weitergibt.

Die Haftung des auftraggebenden Unternehmers bezieht sich dabei auf die gesamte Nachunternehmerkette. Auch Arbeitnehmer eines vom beauftragten Subunternehmer wiederum eingesetzten Subsubunternehmers können einen Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns gegen den auftraggebenden Unternehmer geltend machen.

Die Haftung stellt sich daher wie folgt dar:

 

Haftungsumfang
Laut Gesetz haftet der Unternehmer wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet. Dies hat eine verschuldensunabhängige, unmittelbare Haftung gegenüber den vom Subunternehmer eingesetzten Arbeitnehmern zur Folge. Der in Anspruch genommene Unternehmer kann den Arbeitnehmer nicht darauf verweisen, sich zunächst an seinen eigenen Arbeitgeber zu wenden, um den Mindestlohn einzuklagen, sondern haftet gegenüber diesen Arbeitnehmern selbst unmittelbar.

Umfasst wird allerdings nur das vom Subunternehmer zu leistende Nettomindestentgelt. Der in Anspruch genommene Unternehmer ist demnach nicht dazu verpflichtet, auch die entsprechenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Genauso wenig ist der Unternehmer verpflichtet, etwaiges vom eigentlichen Arbeitgeber geschuldetes höheres Arbeitsentgelt zu zahlen.

Handlungsmöglichkeiten
Da die Auftraggeberhaftung als verschuldensunabhängige Haftung ausgestaltet ist, kann die Haftung nicht wirksam ausgeschlossen werden. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit Unternehmer das Haftungsrisiko zumindest reduzieren können. Hierzu gibt es verschiedene Ansatzpunkte:

  • Nach Möglichkeit sollten Angebote auf ihre Plausibilität geprüft werden. Allerdings wird dies praktisch nur dann sinnvoll möglich sein, wenn die Arbeitsleistung den größten Teil des Angebots ausmacht und eine Prüfung, ob der Mindestlohn gezahlt werden kann, überhaupt ansatzweise stattfinden kann.
  • In jedem Fall sollte eine Bestätigung seitens des eingesetzten Subunternehmers eingeholt werden, wonach sich dieser verpflichtet, den Mindestlohn zu zahlen und diese Verpflichtung auch den seinerseits eingesetzten Subunternehmen aufzuerlegen. Dies dürfte auch die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Subunternehmer vereinfachen. Allerdings sind Unternehmer zur Abgabe einer solchen Bestätigung nicht verpflichtet. Sollte sich ein Subunternehmer weigern, eine solche Bestätigung abzugeben, dürfte ein Verstoß gegen die Bestimmungen des MiLoG durch diesen Subunternehmer allerdings auf der Hand liegen und der Einsatz des Subunternehmers sollte nochmals genau geprüft werden.
  • Der Werk- bzw. Dienstvertrag selbst sollte neben der Bestätigung zur Zahlung des Mindestlohns zukünftig weitere Sanktionen und Verpflichtungen enthalten. So sollten sich für den Fall des Verstoßes gegen die Zahlung des Mindestlohns (außerordentliche) Kündigungsrechte vorbehalten werden. Zudem sollten Informations- und Kontrollrechte vorgesehen und Vertragsstrafen vereinbart werden. Darüber hinaus ist es sinnvoll, die Beauftragung von weiteren Subunternehmern durch den Vertragspartner von einer Zustimmung abhängig zu machen.

Fazit
Die Auftraggeberhaftung nach dem Mindestlohngesetz soll die Einhaltung der Vorgaben des MiLoG sicherstellen, stellt die Praxis jedoch vor große Probleme. Insbesondere in Anbetracht der Möglichkeit, Bußgelder gegen den auftraggebenden Unternehmer zu verhängen, wenn dieser (vorsätzlich oder fahrlässig) Subunternehmer einsetzt, die den Mindestlohn nicht zahlen, gilt es, sich gegenüber den eingesetzten Subunternehmern weitestgehend vertraglich abzusichern.

Autoren: Bernhard Heringhaus (Osnabrück, Bukarest, Shanghai) & Katharina Wardelmann (Osnabrück)

Die Auftraggeberhaftung nach dem neuen Mindestlohngesetz