Das neue Transparenzregister kommt – das Ende der Diskretion im Gesellschaftsrecht?

Hintergrund
Das Bundesfinanzministerium hat am 15.12.2016 den Referentenentwurf zur Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie der Öffentlichkeit vorgelegt. Wesentlicher Inhalt ist neben inzwischen nahezu üblichen ständigen Verschärfung der Identifizierungs- und Aufzeichnungspflichten zur Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung ein neues Instrument, das sogenannte Transparenzregister. Dieses Register, das neben das bereits bestehende Handelsregister und das elektronische Unternehmensregister treten wird, will eine vollständige, bislang unbekannte Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse in Unternehmen erzwingen. Besonders für mittelständische, inhabergeführte Unternehmen werden sich daraus dramatische, zumeist unerwünschte Folgen ergeben.

Auswirkungen des Transparenzregisters

  • Das Transparenzregister wird in Art eines Internetportals Informationen zu den wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen, Vereinen, Stiftungen, Trust und ähnlich wirtschaftlichen Einheiten enthalten. Es dient hierbei in erster Linie als Portal, über das Dokumente aus anderen öffentlich zugänglichen elektronischen Registern (z.B. dem deutschen Handelsregister) abrufbar sind.
  • Wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Gesetzentwurfs und auch der Richtlinie ist jede natürliche Person, in deren Eigentum und unter deren Kontrolle das Unternehmen letztlich steht. Maßgeblich hierfür sind letztlich die Personen, die mehr als 25 % des Kapitals oder der Stimmrechte beherrschen. Solche „wirtschaftlich Berechtigte“ sind verpflichtend dem Transparenzregister zu melden, sofern sie nicht aus den genannten öffentlichen Registern ohnehin bereits ersichtlich sind.
  • Das bedeutet im Klartext: Im deutschen Mittelstand so beliebte Gestaltungen wie Unterbeteiligungen, stille Beteiligungen, Treuhandschaften, unter Umständen sogar der Nießbrauch an Gesellschaftsrechten sind daher offen zu legen, jedenfalls, soweit daraus wirtschaftlich mehr als 25 % des Kapitals oder der Stimmrechte beherrscht werden. Erfasst werden damit auch beteiligungsverwaltende Stiftungen, sofern ihnen solche unternehmerischen Einflussmöglichkeiten zustehen.
  • Die Meldepflicht an das Transparenzregister obliegt den geschäftsführenden Organen. Umgekehrt haben aber auch die Gesellschafter eine Mitteilungspflicht gegenüber den Geschäftsführern. In die Pflicht nimmt der Gesetzentwurf also beide Seiten, nämlich Gesellschafter und Geschäftsführer – und beiden droht der exorbitante Bußgeldrahmen des Gesetzentwurfs (siehe unten)!
  • Über die Richtlinie hinaus – und auch als politische Reaktion auf „Panama Papers“ – soll das Transparenzregister jedermann nach elektronischer Registrierung gebührenpflichtig zur Einsichtnahme offenstehen – also auch dem neugierigen Nachbarn, Journalisten oder NGO-Aktivisten.
  • Erfreulicherweise kann auf Antrag die öffentliche Einsicht ausgeschlossen werden, wenn nachgewiesen ist, dass man z.B. Opfer einer Geiselnahme oder Erpressung zu werden droht. Ob für den Nachweis die Vorlage eines Erpresserbriefes ausreichend ist, lässt der Entwurf offen. Vor der Öffentlichkeit geschützt sollen aber auch minderjährige Beteiligte sein – aber eben nur solange sie minderjährig sind.
  • Rätselhaft und noch unklar ist das Konzept des Gesetzentwurfes bei internationalen Beteiligungsketten:
    Der Geschäftsführer einer deutschen GmbH, deren Gesellschafter in verschachtelten Konstruktionen, vielleicht auf mehreren internationalen Holdingebenen unter Einschaltung von Briefkastengesellschaften verborgen sind, wird kaum aufklären können, welche Personen am Ende der Beteiligungskette stehen. Asiatische Oligarchenfamilien sollen ja in dieser Hinsicht auch wenig auskunftsfreudig sein. Die Begründung des Entwurfs spricht davon, dass es solche Nachforschungspflichten des Geschäftsführers „am Anfang“ der Beteiligungskette nicht geben soll. Der vorgesehene Gesetzestext ist hierzu aber kaum verständlich. Wenn das aber wirklich so gemeint ist, bedeutete dies, dass das eigentliche, politisch relevante Transparenzziel des Gesetzes bei verschachtelten internationalen Konstruktionen im Sande verläuft.
  • Verblüffend ist der Bußgeldrahmen. Die maximale Höhe des Bußgelds soll bei wiederholten oder systematischen Verstößen 1 Mio. Euro betragen. Auch eine umsatzbezogenen Geldbuße (maximal 10 % des Konzernumsatzes) soll möglich sein. Das ist kein Pappenstiel mehr. Offenbar hat hier der Bußgeldrahmen in Kartellsachen Pate gestanden. Verhängte Bußgelder sollen zwingend öffentlich bekannt gemacht werden, unter Angabe der Betroffenen. Damit wäre der Pranger als Strafsanktion wieder eingeführt.
  • Die Zuständigkeit für das neue Transparenzregister verlagert der Referentenentwurf kurzerhand auf die Zollverwaltung, damit in das Resort des Finanzministers. Bisher waren für Geldwäscheangelegenheiten Justiz- und Innenminister zuständig. Ein Schelm, der sich etwas dabei denkt…

Fazit
Leider wie so häufig trifft das, was auf die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Terrorismus gemünzt ist, praktisch nur die ehrlichen Unternehmen und damit klassische Familiengesellschaften. Besonders bitter ist hier die Perspektive, dass Unterbeteiligungen, stille Beteiligungen, auch Treuhandschaften, die man aus durchaus seriösen und nachvollziehbaren Gründen gewählt hat, etwa zum Schutze der Privatsphäre oder vor dem Einblick des Wettbewerbs, künftig für die Öffentlichkeit vollständig transparent werden. Sendungsbewusste, die sich mit Anzeigen an die Zollbehörden hervortun, werden sich gewiss finden. Die Richtlinie und ihr folgender Entwurf sieht für solche „Melder“ eine weitgehende Haftungs- und Sanktionsfreistellung bzw. ein Maßregelungsverbot vor.

Betroffene Unternehmerfamilien werden zu prüfen haben, ob durch Veränderung der bisherigen Beteiligungskonstruktion unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Transparenzregisters Abhilfe geschaffen werden kann. Viel Zeit bleibt allerdings nicht: Das Transparenzregister soll im Oktober 2017 scharf geschaltet werden.

Autor: Heiko Hellwege