Das Schweizer Depot: Ein undankbares Erbe!

Auf dem Sterbebett erzählt der verwitwete Vater seinem Sohn, dass er seit Jahren ein geheimes Depot bei einer Schweizer Bank unterhält. Anschließend verstirbt er und wird von seinem Sohn allein beerbt. Die Tochter ist enterbt.

Welche Konsequenzen hat die „Beichte“ für den Sohn?

Dem Sohn bleiben zwei alternative Handlungsmöglichkeiten. Entweder, er ergreift die Flucht nach vorn und macht „reinen Tisch“ oder er verheimlicht die Schweizer Geldanlage. Dies würde jedoch einen „Rattenschwanz“ von Straftaten nach sich ziehen, die im Folgenden kurz dargestellt werden.

1. Geheimhaltung des Schweizer Depots

Entscheidet sich der Erbe für die Geheimhaltung des Depots, muss er gegenüber der Schweizer Bank nachweisen, dass sein Vater verstorben ist und er ihn allein beerbt hat. Hierzu benötigt er regelmäßig einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist. Ein Erbscheinsverfahren kann sich über mehrere Monate hinziehen. Für die Bemessung der Gerichtsgebühren verlangt das Nachlassgericht Auskunft über die Höhe des Nachlasses. Verschweigt der Erbe gegenüber dem Nachlassgericht das Schweizer Vermögen, macht er sich wegen Betruges strafbar (1. Straftat).

Der Erbe ist verpflichtet, innerhalb von 3 Monaten nach dem Erbfall dem Finanzamt anzuzeigen, dass und was er geerbt hat. Beantragt der Erbe einen Erbschein, eröffnet das Nachlassgericht das Testament. Es schickt also allen gesetzlichen Erben und allen in dem Testament benannten Personen eine Kopie zu. Da das Nachlassgericht auch das Finanzamt unterrichtet, trifft den Erben in diesen Fällen grundsätzlich keine Anzeigepflicht, es sei denn, in dem Nachlass befindet sich Auslandsvermögen. Unterlässt der Erbe die Anzeige, bzw. zeigt er den Erwerb des Schweizer Vermögens nicht an, kann dies den Vorwurf einer (Erbschaft-) Steuerhinterziehung begründen (2. Straftat).

Nach Kenntniserlangung von der Erbschaft fordert das Finanzamt den Erben auf, eine Steuererklärung abzugeben. Gibt er das Schweizer Vermögen in der Erbschaftsteuererklärung nicht an, macht er sich wegen einer (Erbschaft-) Steuerhinterziehung strafbar (3. Straftat).

Da der verstorbene Vater seinen steuerlichen Erklärungspflichten zu Lebzeiten nicht vollständig nachgekommen ist, sind seine Erklärungspflichten mit dem Tod des Vaters auf den Erben übergegangen. Berichtigt der Erbe die Einkommensteuererklärungen seines Vaters nicht im Hinblick auf die Schweizer Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne, macht er sich wegen einer (Einkommen-) Steuerhinterziehung strafbar (4. Straftat).

Schließlich wird die enterbte Tochter den Erben zur Auskunft über die Höhe des geerbten Vermögens auffordern, um ihren Pflichtteilsanspruch beziffern zu können. Verschweigt der Erbe das Schweizer Konto gegenüber der Tochter, macht er sich wegen Betruges strafbar (5. Straftat).

Bevor der Erbe also auch nur einen Cent von der Schweizer Geldanlage ausgegeben hat, hat er sich bereits mehrfach strafbar gemacht.

2. Nutzung des Schweizer Depots

Entscheidet sich der Erbe zur geheimen Fortführung des Depots, bleibt ihm nichts anderes übrig, als jedes Jahr erneut eine weitere (Einkommen-) Steuerhinterziehung zu begehen, denn wenn der Erbe die Zinserträge und Veräußerungsgewinne aus der Schweizer Geldanlage in seiner Einkommensteuererklärung angeben würde, würde das Finanzamt von dem Depot Kenntnis erlangen und umgehend ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung einleiten. Entschließt sich der Erbe hingegen, das Depot aufzulösen, muss er in die Schweiz fahren, das Geld abheben und hoffen, dass er mit dem Geld unbemerkt über die Grenze kommt. Selbst wenn ihm dies gelingen sollte, kann er sich nicht sicher sein, dass seine Straftaten unentdeckt bleiben.

3. Fazit

Um sich nicht selbst strafbar zu machen, bleibt dem Erben nichts anderes übrig, als die geerbte Schweizer Geldanlage dem Finanzamt umgehend anzuzeigen, die Steuererklärungen des Verstorbenen - in häufig mühsamer und kostenintensiver Kleinstarbeit - zu korrigieren und die Steuern schließlich nach zu zahlen. Um seinen Erben diese undankbare Aufgabe zu ersparen, sollte der Depotinhaber dringend noch zu Lebzeiten im Wege der strafbefreienden Selbstanzeige „reinen Tisch“ machen.

Ansprechpartner:

Siegrid Lustig, Fachanwältin für Erbrecht, Hannover

Anke Brinkhus, LLM, Fachanwältin für Steuerrecht, Hannover