Chancen und Potentiale - Die Unternehmereigenschaft im Umsatzsteuerrecht

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist dabei jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt, oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgleider tätig wird. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftsteuergesetzes) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewerblich oder beruflich tätig.

Umsatzsteuerlicher Unternehmer ist also jede natürliche oder juristische Person (auch Personenzusammenschluss), die nachhaltig Leistungen gegen Entgelt ausführt oder die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, Leistungen gegen Entgelt auszuführen und erste Investitionsausgaben für diesen Zwecke tätigt (Abschnitt 2.1.Abs.1 UStAE).

Da eine Gewinnerzielungsabsicht nicht gegeben sein muss, ist ein umsatzsteuerlicher Unternehmer nicht unbedingt Unternehmer im ertragsteuerlichen Sinn. Häufig wird eine Übereinstimmung gegeben sein, aber insbesondere bei natürlichen Personen oder juristischen Personen der öffentlichen Hand bestehen häufig Unsicherheiten hinsichtlich einer Unternehmereigenschaft und der damit verbundenen Umsatzsteuerpflicht, was den BFH in den letzten Jahren häufig beschäftigt hat, u.a.:

  • Das "Blockheizkraftwerk-Urteil" vom 18.12.2008, wonach eine Unternehmereigenschaft des Betreibers vorliegt, wenn ein in einem privaten Einfamilienhaus eingebautes BHKW Strom erzeugt, der teilweise und nicht nur gelegentlich gegen Entgelt in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird.
  • Das Sport - und Freizeithallen-Urteil" vom 10.11.2011: Gestattet eine Gemeinde gegen Entgelt die Nutzung einer Sport- und Freizeithalle, ist sie als Unternehmer tätig, wenn sie ihre Leistungen entweder auf zivilrechtlicher oder - im Wettbewerb zu Privaten - auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt.
  • Das "Tiefgaragen-Urteil" vom 1.12.2011: Eine Gemeinde, die nicht auf privatrechtlicher, sondern hoheitlicher Grundlage Stellplätze für Pkw in einer Tiefgarage gegen Entgelt überläßt, handelt als Unternehmer und erbringt steuerpflichtige Leistungen, wenn ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtiger zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
  • Das "eBay-Urteil" vom 26.4.2012: Der Verkauf einer Vielzahl von Gegenständen über "eBay" kann eine der Umsatzsteuer unterliegende Tätigkeit sein, auch wenn der Verkäufer beim Erwerb der Gegenstände keine Wiederverkaufsabsicht hatte. Bei der laufenden Veräußerung von Gegenständen in erheblichem Umfang liegt keine nur private Vermögensverwaltung vor, wenn der Verkäufer aktive Schritte zum Vertrieb der Gegenstände unternimmt.

Nun kann ja die Interessenlage durchaus unterschiedlich sein: der eine strebt eine Unternehmereigenschaft an, weil er hohe Investitionsaufwendungen getätigt hat und in den Genuss des Vorsteuerabzugs kommen möchte, um seine Finanzierungskosten zu reduzieren. Der Andere erbringt seine Leistungen insbesondere an nicht vorsteuerbezugsberechtigte Leistungsempfänger, hat ggf. keine hohen Vorsteuern und scheut den mit der Umsatzsteuer verbundenen Verwaltungsaufwand.

In jedem Falle dürfte es sich lohnen, sich frühzeitig mit einer möglichen umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft auseinanderzusetzen, die Interessenlage zu ergründen und die mögliche Steuerbelastung zu minimieren.

Ansprechpartner

Prof. Dr. Philipp Albrecht (Hannover)
Petra Jaretzke (Hannover) (Tel. 0511 53460-267)