BFH Urteil vom 24. April 2018 zum Rabattfreibetrag – Verbilligte Überlassung von Waren oder Dienstleistungen an Arbeit-nehmer

BFH, Urteil vom 26. April 2018 – VI R 39/16, veröffentlicht am 5. September 2018

I. Ausgangslage

Werden Arbeitnehmern aufgrund ihrer Beschäftigung Preisnachlässe auf Waren und Dienstleistungen gewährt, liegt darin ein lohnsteuerpflichtiger Sachbezug. Bei der Bewertung des steuerpflichtigen Sachbezugs gelten nach § 8 Abs. 3 EStG allerdings besondere begünstigende Bestimmungen. Grundsätzlich ist hierfür pro Kalenderjahr ein Betrag von EUR 1.080,00 steuerfrei und vom Endpreis der Ware oder Dienstleitung ist ein Preisabschlag von 4 % vorzunehmen.

II. Voraussetzung des Rabattfreibetrages

Diese besondere Begünstigung des § 8 Abs. 3 EStG kommt jedoch nur für Waren oder Dienstleistungen in Betracht, die der Arbeitgeber als eigene herstellt, vertreibt oder erbringt. Das sind dem Grunde nach die Waren und Dienstleistungen, die zur eigenen Liefer- und Leistungspalette des Arbeitgebers gehören. Der Arbeitgeber muss insoweit selbst Marktteilnehmer für diese Sachbezüge sein. Anderenfalls liegt Arbeitslohn von Dritter Seite vor, der grundsätzlich nicht vom Rabattfreibetrag umfasst ist. Allerdings hatte der Bundesfinanzhof bereits mit Urteil vom 1. Oktober 2009 (VI R 22/07) entschieden, dass der Rabattfreibetrag nicht nur in Anspruch genommen werden kann, wenn der Arbeitgeber die Ware selbst produziert oder auf eigene Kosten nach seinen Vorgaben und Plänen von einem Dritten produzieren lässt, sondern auch, wenn er vergleichbare sonstige gewichtige Beiträge zur Herstellung der Ware erbringt. Diese Beiträge des Arbeitgebers müssen aber derart gewichtig sein, dass bei wertender Betrachtung die Annahme der Herstellereigenschaft gerechtfertigt erscheint.

III. Reines Vertreiben von Waren und Dienstleistungen

Fraglich war bislang, ob auch das reine Vertreiben einer Ware oder Dienstleistung für einen Dritten auf dessen Rechnung für die Begünstigung des § 8 Abs. 3 EStG ausreichend ist.

Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 24. April 2018 nunmehr ausdrücklich bejaht. Es sei ausreichend, wenn sich die Tätigkeit des Arbeitgebers auf den Vertrieb der fraglichen Ware oder Dienstleistung beschränke. Der Vertrieb der Ware oder Dienstleistung sei ein selbstständiges, neben ihrer Herstellung und Erbringung stehendes Tatbestandsmerkmal der Vorschrift. Jedoch reiche die bloße Vermittlung einer fremden Ware oder Dienstleistung, die auch unter den möglichen Wortsinn des Begriffs des "Vertreibens" gefasst werden könne, für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG nicht aus. Für die Abgrenzung sei darauf abzustellen, ob der Beitrag des Arbeitgebers am Vertrieb derart gewichtig sei, dass bei wertender Betrachtung die Annahme der Vertreibereigenschaft gerechtfertigt erscheine. Daher vertreibe nicht nur derjenige eine Ware oder Dienstleistung, der sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegenüber Letztverbrauchern anbiete, sondern auch derjenige, der Waren und Dienstleistungen für einen Dritten entgeltlich auf dessen Rechnung am Markt vertreibe. Ausreichend könne daher sein, dass der Arbeitgeber die fraglichen Waren oder Dienstleistungen nach den Vorgaben seines Auftraggebers verkaufe.

IV. Fazit

Weiterhin ist die bloße Vermittlung einer fremden Ware oder Dienstleistung nicht ausreichend. Liegt jedoch ein gewichtiger Vertriebsbeitrag vor, kann nach Auffassung des Bundesfinanzhofs der Rabattfreibetrag angewandt werden. Für die Beurteilung, ob ein wichtiger Beitrag zum Vertrieb vorliegt, ist z. B. entscheidend, inwieweit Akquise, Betreuung und Beratung der Kunden des eigentlichen Verkäufers oder die Abwicklung der vertraglichen und technischen Belange für den Auftraggeber übernommen werden.

V. Weiterhin keine Konzernklausel

Eine generelle "konzernweite" Anwendung des Rabattfreibetrags und somit eine über den Wortlaut hinaus extensive Auslegung des Arbeitgeberbegriffs, lehnt der Bundesfinanzhof nach wie vor ab. Arbeitgeber im Sinne des § 8 Abs. 3 EStG sei nur derjenige, zu dem eine bestimmte Person (Arbeitnehmer) in einem Arbeitsverhältnis seht. Erhält ein Arbeitnehmer der Konzerngesellschaft A zum Beispiel vergünstigt Waren der Konzerngesellschaft B, so ist die Anwendung des Rabattfreibetrages aufgrund der Konzernangehörigkeit nicht von vorn herein anzunehmen. Vor dem Hintergrund, dass gerade in Konzernstrukturen Vertrieb und Produktion nicht in einer Gesellschaft angesiedelt sind, kann dies zu Benachteiligungen der Arbeitnehmer der Vertriebsgesellschaft kommen. Auch hier müsste für eine Anwendung des Rabattfreibetrages nunmehr geprüft werden, inwieweit die Vertriebsgesellschaft einen "eigenen, gewichtigen Beitrag zum Vertrieb" leistet, der über die bloße Vermittlung der Waren hinausgeht.

Ansprechpartnerin:

Anke Brinkhus, LL.M., Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht, Hannover

28. Januar 2019