Arbeitgeber sollten Honorare von für den Betriebsrat tätigen Beratern anwaltlich prüfen lassen!

BGH: Betriebsratsratsvorsitzende können für Honorarforderungen eines beauftragten Beratungsunternehmens haften!

Das Betriebsverfassungsrecht regelt in § 40 Absatz 1, dass die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten vom Arbeitgeber zu tragen sind. Eine Vorschrift, die für Arbeitgeber kostenintensiv werden kann.

Es gibt jedoch auch Konstellationen, in denen diese Kostentragung eine überraschende Wendung nehmen kann, wie der nachfolgende brisante Fall, der vom Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 25. Oktober 2012 – III ZR 266/11; Vorinstanzen: LG Frankfurt am Main, Urteil vom 29. Juni 2010 – 2/23 O 453/08; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. September 2011 – 1 U 184/10) zu entscheiden war, zeigt:

1. Sachverhalt

Nachdem der Betriebsrat eines an mehreren Standorten tätigen Unternehmens mit mehr als 300 Arbeitnehmern den Beschluss gefasst hatte, sich im Verfahren über einen Interessenausgleich von der Klägerin, einem Beratungsunternehmen, betriebswirtschaftlich beraten zu lassen, erteilte der Betriebsratsvorsitzende der Klägerin einen Beratungsauftrag. Die Klägerin nahm u.a. den Betriebsratsvorsitzenden und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende auf Zahlung von Honorar für die von ihr erbrachten Beratungsleistungen in Anspruch.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

2. Die Grundzüge der Entscheidung

Der BGH hat entschieden, dass Betriebsratsmitglieder, die als Vertreter des Betriebsrats mit einem Beratungsunternehmen eine Beratung vereinbaren, welche zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats nicht erforderlich ist, gegenüber dem Beratungsunternehmen auf Schadensersatz für das entstandene Honorar haften können.

Der gegen den Arbeitgeber gerichtete Kostenerstattungsanspruch des Betriebsrats setze notwendig das Bestehen einer eigenen Verpflichtung des Betriebsrats gegenüber dem Dritten voraus. Ohne wirksame vertragliche Grundlage würde der Dritte auch kaum den Betriebsrat beraten, so der BGH.

Ein Vertrag, den der Betriebsrat zu seiner Unterstützung mit einem Beratungsunternehmen schließe, sei indes nur insoweit wirksam, als die vereinbarte Beratung zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich sowie das versprochene Entgelt marktüblich sei und der Betriebsrat daher einen Kostenerstattungs- und Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber gemäß § 40 Absatz 1 BetrVG habe.

Die Grenzen des dem Betriebsrat bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Beratung zustehenden Spielraums seien im Interesse seiner Funktions- und Handlungsfähigkeit nicht zu eng zu ziehen. Soweit sie von dem Betriebsratsvorsitzenden bei der Beauftragung des Beratungsunternehmens dennoch überschritten würden, sei der von ihm für den Betriebsrat geschlossene Vertrag nicht wirksam und der Betriebsratsvorsitzende könne insoweit gegenüber dem Beratungsunternehmen auf Schadensersatz haften.

Die dargestellte BGH-Entscheidung dürfte weiteren „Zündstoff“ für die Diskussion um die Reichweite des Kostenerstattungsanspruchs des Betriebsrats liefern.

3. Praxistipp für Arbeitgeber

Jeder Arbeitgeber, bei dem sich ein Betriebsrat gebildet hat, kennt die vom Betriebsverfassungsgesetz in § 40 Absatz 1 vorgesehene Kostentragungsregelung. Aber zieht auch jeder Arbeitgeber in Betracht, dass ein Kostenfreistellungsanspruch des Betriebsrats nicht besteht, wenn der Betriebsrat eine Beratungstätigkeit in Auftrag gibt, die zur Wahrnehmung seines Aufgabenkreises nicht erforderlich ist, sei es aufgrund des zu weit gefassten Umfangs oder wegen einer nicht üblichen Höhe der vereinbarten Vergütung?

Welche Beratungsleistungen sind gerade noch als „erforderlich“ einzustufen und damit möglicherweise vom Kostenerstattungsanspruch des Betriebsrats umfasst und welche nicht mehr? Welche Voraussetzungen müssen dafür vorliegen? Wann überschreitet die vereinbarte Vergütungshöhe in einem Beratervertrag den marktüblichen Tarif? Wie hoch ist der marktübliche Tarif für eine Beratungsleistung? Wie soll sich der Arbeitgeber verhalten, wenn er feststellt, dass die Erforderlichkeitsgrenze erst im Verlauf der Vertragsdurchführung überschritten worden ist?

Eines dürfte die Auswahl der vorstehenden Fragen deutlich gemacht haben: Arbeitgeber, die sich in einer solchen Situation befinden, sind mit einer Vielzahl von auftretenden Fragen konfrontiert, die häufig nur mittels juristischer Unterstützung beantwortet werden können. Zwar regelt § 40 Absatz 1 BetrVG eindeutig, wer die Kosten der Betriebsratstätigkeit zu übernehmen hat, jedoch zeigt die BGH-Entscheidung anschaulich, dass es auch hier Grenzen gibt, die vom Betriebsrat bzw. seinen Mitgliedern nicht überschritten werden dürfen.

Arbeitgeber sollten daher zunächst prüfen, ob es sich um Kosten für Beratungsleistungen handelt, die für die Durchführung der Betriebsratsarbeit erforderlich gewesen sind bzw. die das Betriebsratsmitglied für erforderlich halten durfte. Im Zweifelsfall sollten Arbeitgeber anwaltlich prüfen lassen, ob sie die vom Betriebsrat geltend gemachten Kosten für die Hinzuziehung eines Beraters tatsächlich in vollem Umfang zu tragen haben.

Auf diese Weise können sich die Arbeitgeber mitunter eine Menge Kosten ersparen.

Ansprechpartner

Rechtsanwalt Dr. Alexander Pfohl, LL.M., Hannover