Änderungen eines Grundstückskaufvertrages nach der Auflassung sind formlos möglich, wenn die Auflassung bindend geworden ist (§ 873 Abs. 2 BGB)

I. Ausgangslage

Wenn ein beurkundeter Immobilienkaufvertrag geändert werden soll und zum Zeitpunkt der Änderung des Vertrages die Auflassung noch nicht erklärt wurde, sind die Erklärungen über die Änderungen grundsätzlich notariell zu beurkunden. Dies gilt zumindest immer dann, wenn die Änderungen wesentlich sind. Die Abgrenzung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Änderungen ist in der Praxis regelmäßig sehr schwierig. Als wesentliche Änderungen gelten Änderungen des Vertragsgegenstandes oder der Gegenleistung. Für sonstige Änderungen bedarf es grundsätzlich keiner notariellen Beurkundung, d.h. sie sind grundsätzlich formfrei möglich. Wenn nun ein Kaufvertrag geändert werden soll und zum Zeitpunkt der Vornahme der Änderung die Auflassung bereits bindend beurkundet worden ist, können nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH Änderungen grundsätzlich formfrei vereinbart werden. Dies gilt auch für Kaufpreisänderungen.

II. Entscheidung des BGH

Mit dieser langjährigen Rechtsprechung des BGH hatte das OLG Stuttgart mit seiner Entscheidung vom 26. September 2017 gebrochen (siehe hierzu unter unseren News Mai 2018).

Der BGH hat nunmehr seine langjährige Rechtsprechung bestätigt und das Urteil des OLG Stuttgart aufgehoben.

1. Sachverhalt

Eine Bauträgergesellschaft hatte drei Eigentumswohnungen im Jahre 2011 verkauft. Der beurkundete Kaufpreis betrug rund Euro 310.000. Die Vertragsparteien hatten die Auflassung bereits im Bauträgervertrag mitbeurkundet und den beurkundenden Notar angewiesen Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften der Urkunde nur zu erteilen, wenn die Kaufpreiszahlung nachgewiesen wurde. Ein Jahr später machte der Käufer eine Kaufpreisminderung wegen Mängeln geltend. Die Kaufpreisminderung wurde auch zunächst von dem Bauträger akzeptiert, allerdings lediglich in einem privatschriftlich unterzeichneten Schriftstück mit dem Zusatz Minderung zur Kenntnis genommen und anerkannt. Der Käufer zahlte daraufhin den verringerten Kaufpreis, auf den sich die Vertragsparteien verständigt hatten. Einige Zeit später forderte der Bauträger von dem Käufer nun gleichwohl den Differenzbetrag in Höhe der vereinbarten Kaufpreisminderung ein und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die seinerzeitige Vereinbarung der Kaufpreisreduzierung unwirksam gewesen sei, weil diese vertraglich nicht beurkundet worden sei, im Ergebnis also ein Verstoß gegen § 311b BGB vorliege.

Das Berufungsgericht folgte dieser Argumentation des Bauträgers und entschied entgegen der ständigen Rechtsprechung des BGH und meinte, dass auch die Änderungen eines notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrages vor Eigentumsumschreibung - trotz vorab vereinbarter Auflassung - beurkundet werden müsse. Die Beurkundungspflicht erfasse die Veräußerungs– sowie die Erwerbsverpflichtungen im Grundstückskaufvertrag und erstrecke sich zudem auf den vollständigen Vertrag im Ganzen. Damit seien grundsätzlich auch nachträgliche Änderungen des Kaufvertrages formbedürftig und nach § 311b BGB notariell zu beurkunden.

Dieser Argumentation folgte der BGH nicht. Der BGH konstatiert zwar, dass dem Formzwang des §§ 311b Absatz 1 Satz 1 BGB grundsätzlich alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Parteien zu dem schuldrechtlichen Übereignungsgeschäft gehören, beurkundungspflichtig sind. Hier im Falle sei es aber anders, weil die Parteien zum Zeitpunkt der Änderungsvereinbarung die Auflassung bereits erklärt hätten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH können Grundstückskaufverträge nach der Auflassung formlos geändert werden, weil die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung mit der Auflassung erfüllt ist und deshalb nicht mehr besteht. Die Beurkundungspflicht solle den Beweis über die Art und den Inhalt der Vereinbarung sichern, den Veräußerer und den Erwerber vor übereilten Verträgen bewahren, sie auf die Wichtigkeit des Geschäftes hinweisen und ihnen durch die Mitwirkung des sachkundigen und unparteiischen Notars die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung eröffnen (Beweisfunktion; Warn- und Schutzfunktion). Mit der Durchführung eines strengen Regeln unterworfenen Beurkundungsverfahrens, insbesondere durch die dem Notar nach §§ 17 ff. BeurkG auferlegten Prüfungsgespräche und Belehrungspflichten, solle sichergestellt werden, dass der Inhalt der Urkunde dem Willen der mit der rechtlichen Tragweite vertraut gemacht Beteiligten entspricht (Gewährsfunktion). Die Parteien bedürfen dieses Schutzes aber dann nicht mehr, wenn der Zweck des § 311b Absatz 1 Satz 1 BGB erreicht ist. Hiervon sei auszugehen, wenn die schuldrechtlichen Erklärungen von Veräußerer und Erwerber beurkundet worden sind und diese zudem die für die angestrebte Rechtsänderung erforderlichen Erklärungen in bindender Form abgegeben haben. Dies sei der Fall, wenn die Auflassung bindend geworden ist, § 873 Abs. 2 BGB. Denn dann haben die Vertragsparteien ihre jeweiligen Leistungshandlung unwiderruflich erbracht. Dafür mache es keinen Unterschied, ob die Auflassung - wie heute regelmäßig zusammen mit dem Kaufvertrag - oder wie früher, später beurkundet werde.

Im Ergebnis haben die Parteien somit nachträglich formfrei wirksam den in der notariellen Urkunde vereinbarten Kaufpreis ermäßigt.

III. Empfehlung

Nach der Entscheidung des BGH stellt die bindend gewordene Auflassung die entscheidende Zäsur für die Frage dar, ob eine nachträgliche Änderung eines Grundstückskaufvertrages der notariellen Beurkundung bedarf oder nicht. Immer dann, wenn die Auflassung bereits bindend erklärt worden ist, können nach der jüngsten Entscheidung des BGH somit Änderungen formfrei erklärt werden.

Ansprechpartner:

Dr. Axel Berninger, Rechtsanwalt und Notar, Hannover

16. Oktober 2018