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Insolvenzanfechtung

Inhaltsübersicht


Was versteht man unter „Insolvenzanfechtung“?

Die Insolvenzordnung regelt gem. §§ 129 ff. InsO die Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung. Für den Fall etwa, dass der Insolvenzverwalter den begründeten Verdacht hegt, dass der Schuldner bereits im Vorfeld einen oder mehrere Gläubiger bevorzugt hat, kann er diese Bevorzugungen anfechten. Ziel der Anfechtung ist es, eine gleichmäßige und faire Verteilung des Vermögens auf alle Insolvenzgläubiger zu gewährleisten. Bereits getätigte Zahlungen können so zurückgefordert und an die Gläubiger verteilt werden. 

Bereits bei drohender Insolvenz besteht häufig die Gefahr, dass Vermögenswerte des künftigen Schuldners beiseitegeschafft oder an Dritte übereignet werden, um sie vor dem Zugriff weiterer Gläubiger zu schützen. Oft werden auch Gläubiger, zu denen der Schuldner ein gutes Verhältnis hat, vor Verfahrenseröffnung zur Gänze befriedigt, und andere Gläubiger gehen leer aus. Dass dies nicht rechtmäßig ist, liegt auf der Hand. Aus diesem Zweck wurde die Insolvenzanfechtung eingeführt. 

Insolvenzanfechtung: Voraussetzungen – was muss gegeben sein?

Da das deutsche Insolvenzanfechtungsrecht sehr komplex und stark von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägt ist, kann nur ein kurzer Überblick vorgestellt werden. Sollten Sie als Gläubiger im Wege der Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen werden oder zuvor Fragen haben, wie man sich vor einer möglichen Anfechtung schützen kann, empfehlen wir dringend, sich an eine auf Insolvenzrecht spezialisierte Kanzlei zu wenden. Sprechen Sie uns gerne an.

Damit ein Insolvenzverwalter Rechtshandlungen in einem Insolvenzverfahren anfechten kann, muss er zunächst gem. § 129 InsO prüfen, ob vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Rechtshandlungen vorgenommen worden sind, welche die Insolvenzgläubiger benachteiligen. Eine Anfechtung scheidet aus, wenn eine Gläubigerbenachteiligung (z. B. ein Dritter zahlt die Forderung des Gläubigers aus seinem Vermögen, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein) fehlt.

Für die Insolvenzanfechtung ist zunächst der Zeitraum, in welchem die anfechtbare Rechtshandlung vorgenommen wurde, von erheblicher Bedeutung. Umso kürzer der Zeitraum zwischen Rechtshandlung und Insolvenzantrag ist, desto weniger Voraussetzungen müssen für die Insolvenzanfechtbarkeit erfüllt sein.

Anfechtbarkeit gem. §§ 129, 130 / 131 InsO

Maßgeblich dabei sind zunächst die letzten drei Monate vor dem Eingang des Antrags bei dem Insolvenzgericht.

Hierfür sind die § 130 und § 131 InsO einschlägig. Verkürzt gesagt ist der Unterschied zwischen den beiden Tatbeständen, dass § 130 InsO die Anfechtung von Rechtshandlungen regelt, wie sie der Gläubiger in dem Zeitpunkt fordern konnte und § 131 InsO die Fälle regelt, in denen der Anspruch anderweitig aus dem Schuldnervermögen befriedigt oder besichert wurde (z. B. durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, Zahlung des Schuldners vor Fälligkeit, direkte Zahlung durch einen Drittschuldner des Schuldners, obwohl dies nicht von vornherein vereinbart war).

§ 131 InsO unterscheidet danach, ob die Rechthandlung nach dem Antrag bzw. im letzten oder im zweiten / dritten Monat vor Antragstellung erfolgt ist. Neben den allgemeinen Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung gem. § 129 InsO, muss die anfechtbare Rechtshandlung einen Insolvenzgläubiger befriedigt oder besichert haben. Anfechtbare Rechtshandlungen nach Eingang des Antrags oder im letzten Monat vor Antragstellung sind gem. §§ 129, 131 InsO per se anfechtbar, im zweiten oder dritten Monat vor Antragstellung, wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt zahlungsunfähig war oder dem Gläubiger bekannt war, dass die Rechtshandlung die übrigen Gläubiger benachteiligte.

Gem. § 130 InsO sind Rechtshandlungen, welche eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben anfechtbar, wenn die Rechtshandlung in den letzten drei Monaten vor Antragstellung erfolgte, der Schuldner zahlungsunfähig war und der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit kannte bzw. aufgrund der Umstände hätte kennen müssen. Nach dem Antrag ist eine Rechtshandlung anfechtbar, wenn der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

Anfechtbarkeit gem. § 133 InsO

Rechtshandlungen die der Schuldner mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, sind unter Umständen bis zu zehn Jahre vor dem Insolvenzantrag anfechtbar, wenn der andere Teil im Zeitpunkt der Rechtshandlung des Schuldners diesen Benachteiligungsvorsatz kannte oder hätte kennen können. Dieser Anfechtungstatbestand ist sehr komplex und ist stark von der Rechtsprechung geprägt. Durch einen Besetzungswechsel des IX. Senats des BGH wurde die Darlegungs- und Beweislast des Insolvenzverwalters für die Tatbestandsvoraussetzungen verschärft.

Gem. § 133 Abs. 4 InsO ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person abgeschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden, anfechtbar, wenn dieser innerhalb von zwei Jahren vor Antragstellung geschlossen worden ist. Ausgeschlossen ist die Anfechtbarkeit, wenn der andere Teil zur Zeit des Vertragsschlusses den Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

Anfechtbarkeit Gesellschafterdarlehen gem. § 135 InsO

Eine in der Praxis sehr relevante Anfechtungsmöglichkeit bietet der § 135 InsO. Danach sind Rechtshandlungen anfechtbar, die für die Forderungen eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderungen

  • Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn Jahren vor Antrag oder nach Antrag vorgenommen worden ist;
  • Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Antrag oder danach vorgenommen worden ist.

Sämtliche Zahlungen im letzten Jahr an die Gesellschafter mit Darlehensrückzahlungscharakter sind anfechtbar. Dabei geht es nicht nur um „klassische“ Rückzahlungen auf Darlehen. Stundet der Gesellschafter z. B. die Miete für die ihm gehörige Betriebsimmobilie und diese Miete wird später innerhalb der letzten 12 Monate vor Antragstellung gezahlt, ist dies ebenfalls eine Darlehensrückzahlung. Die Rechtsprechung fasst den Tatbestand sehr weit und der § 135 InsO ist sehr praxisrelevant. Sind Sie Gesellschafter und benötigen Unterstützung, sprechen Sie uns gerne an.

Anfechtbarkeit unentgeltlicher Leistungen gem. § 134 InsO und § 132 InsO

Hat der Schuldner in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sogenannte „unentgeltliche Verfügungen“ vorgenommen, liegt ebenso ein Anfechtungsgrund vor.

Gem. § 132 InsO ist ein Rechtsgeschäft des Schuldners, welche die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligte, anfechtbar.

Was ist die Insolvenzanfechtungsfrist?

Die Frist für den Insolvenzverwalter bzgl. der Geltendmachung der Insolvenzanfechtung unterliegt der regelmäßigen Verjährung, mithin drei Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Kenntniserlangung der wesentlichen Umstände, welche zur Anfechtung berechtigten.

Wie ist der Ablauf einer Insolvenzanfechtung?

Hat der Insolvenzverwalter Grund zur Annahme, dass der Schuldner wissentlich einen Gläubiger bevorzugt hat, wird er in einem ersten Schritt genau prüfen, ob und welcher konkrete Grund für eine Anfechtung vorliegt. Wurde seine Annahme bestätigt, wird er in einem weiteren Schritt Kontakt mit dem betroffenen Gläubiger aufnehmen und ihn über die Anfechtung informieren und ihm gleichzeitig eine Frist zur Rückzahlung des angefochtenen Betrags setzen. Die Zustimmung der weiteren Gläubiger ist übrigens nicht notwendig; der Insolvenzverwalter darf nach eigenem Ermessen handeln. Als nächstes reicht der Insolvenzverwalter beim zuständigen Gericht eine Klage gegen den Gläubiger ein

Fazit

Um zu verhindern, dass ein Schuldner im Rahmen eines Insolvenzverfahrens einen oder mehrere Gläubiger bevorzugt, wurde die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung geschaffen. Sie sorgt dafür, dass bereits im Vorfeld bezahlte Beträge zurückbezahlt werden müssen und somit als Insolvenzmasse allen Gläubigern zur Verfügung steht. Die Anfechtung selbst erfolgt durch den Insolvenzverwalter und richtet sich meist direkt an den bevorzugten Gläubiger. Zahlt der Gläubiger den angefochtenen Betrag an die Insolvenzmasse, kann er diesen nachträglich als weitere Insolvenzforderung zur Tabelle anmelden und diese Forderung ist auch festzustellen. Bei einer etwaigen Quotenausschüttung bekommt der Gläubiger zumindest einen Teil des gezahlten Betrags dadurch wieder zurück.

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