Türkei: Gesetz zur Änderung des Kapitalmarktgesetzes - neue Regelungen zu Krypto-Assets

Das Gesetz Nr. 7518 zur Änderung des Kapitalmarktgesetzes, das nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt am 02. Juli 2024 in Kraft trat, führt einen umfassenden Regulierungsrahmen für Krypto-Assets in der Türkei ein. Dieser Bericht zielt darauf ab, eine detaillierte Analyse der wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes vorzunehmen und Vergleiche mit Regulierungsansätzen in anderen Ländern anzustellen.

Die Grundzüge des Gesetzes lauten wie folgt:

  • Definition von Krypto-Assets : Das Gesetz definiert Krypto-Assets werden als immaterielle Vermögenswerte, die mithilfe der Distributed-Ledger-Technologie oder ähnlicher Technologien erstellt werden, über digitale Netzwerke verteilt werden können und in der Lage sind, einen Wert oder Rechte auszudrücken. Diese Definition umfasst eine breite Palette von Kryptowährungen, Token und anderen digitalen Vermögenswerten.
  • Lizenzierungaanforderungen: Plattformen und Vermittler, die Krypto-Asset-Dienstleistungen anbieten, müssen eine Lizenz von der Kapitalmarktausschuss (SPK) erhalten (Artikel 3). Bestehende Plattformen müssen ihre Anträge innerhalb eines Monats beim Ausschuss einreichen. Andernfalls müssen sie innerhalb von drei Monaten den Liquidationsprozess einleiten (vorläufiger Artikel 11). Mit dieser Zulassungspflicht soll sichergestellt werden, dass nur qualifizierte und seriöse Unternehmen im Bereich der Krypto-Assets tätig sind, um den Investorschutz und die Marktintegrität zu fördern.
  • Strukturen der Krypto-Asset Anbieter: Die Mindestkapitalanforderungen für Krypto-Asset-Anbieter werden vom Ausschuss (SPK) festgelegt. Bestehende Anbieter erhalten eine Frist, um diese Kapitalanforderungen zu erfüllen. Außerdem müssen die Dienstleister Regeln in Bezug auf Organisation, Kapitalausstattung, Informationssysteme und technologische Infrastruktur einhalten. Diese Anforderungen sollen die finanzielle Stabilität und operative Solidität von Krypto-Asset-Unternehmen sicherstellen.
  • Krypto-Asset-Handel: Krypto-Asset-Plattformen können Assets, die bestimmte Kriterien erfüllen, auflisten und den Investoren Handelsmöglichkeiten anbieten (Artikel 4). Diese Bestimmung soll den transparenten und geordneten Handel mit Krypto-Assets erleichtern und gleichzeitig sicherstellen, dass den Investoren nur qualifizierte Vermögenswerte zur Verfügung gestellt werden.
  • Marktüberwachung: Die SPK wird den Krypto-Asset-Markt überwachen und notwendige Maßnahmen zum Schutz der Marktintegrität und zum Schutz der Investoren ergreifen (Artikel 9). Dazu gehören die Durchsetzung von Vorschriften, das Vorgehen gegen Marktmanipulation und die Untersuchung von potenziellem Betrug oder Fehlverhalten.
  • Werbung: Werbung für Krypto-Assets muss gemäß den von der SPK festgelegten Richtlinien erfolgen (Artikel 4). Damit sollen irreführende oder trügerische Marketingpraktiken verhindert werden, die die Investoren schaden könnten.
  • Besteuerung: Gewinne aus Krypto-Assets, die als „immaterielle Vermögenswerte“ definiert sind, werden der Besteuerung unterliegen (Artikel 11). Die Tatsache, dass vorgesehen war, dass die Regelung bezüglich der Steuer separat erfolgen würde, schafft jedoch Unsicherheit über eine der wichtigsten Fragen bezüglich Krypto-Assets.

Regelungen in anderen Ländern:

Die MiCA-Verordnung der EU:

Die Verordnung der Europäischen Union über Märkte für Krypto-Assets (MiCA), die am 16. Mai 2023 verabschiedet wurde, schafft einen harmonisierten Rechtsrahmen für Krypto-Assets in der gesamten EU. MiCA zielt darauf ab, die finanzielle Stabilität zu schützen, Investoren besser zu schützen und Geldwäsche sowie die Finanzierung von Terrorismus zu verhindern.

Financial Stability Board (FSB):

In seinem Bericht vom Oktober 2022 veröffentlichte das FSB neun Empfehlungen zur Regulierung von Krypto-Asset-Aktivitäten und -Märkten. Diese Empfehlungen beziehen sich auf Bereiche wie Regulierungsbehörden, einen allgemeinen Regulierungsrahmen, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Datenerfassung. Das in der Türkei erlassene Gesetz enthält in gewissem Maße diese Empfehlungen.

Vergleichstabelle: Türkei und andere Länder

Land/Region

Rechtsrahmen

Lizenzanforderungen

Besteuerung

Türkei

Definition von Krypto-Assets und weitreichende Befugnisse der SPK

Lizenzpflicht, Lizenzierung und Regulierung der Plattformen

Gewinne aus Krypto-Assets werden als immaterielle Vermögenswerte besteuert

Europäische Union (MiCA)

Einheitlicher Rechtsrahmen, finanzielle Stabilität und Investorenschutz

Lizenzierung und Regulierung von Krypto-Asset-Anbieter

Gewinne aus Krypto-Assets werden durch automatische Infoaustausch zwischen den Mitgliedstaaten  besteuert

USA

Noch kein umfassender Rahmen auf Bundesebene, Unterschiede auf Staatsebene

Lizenzierung auf Staatsebene,  BitLicense in einigen Staaten

Gewinne aus Krypto-Assets werden als Kapitalgewinne besteuert

Japan

Krypto-Assets werden als Finanzinstrumente reguliert

Lizenzierung von Krypto-Asset-Anbieter durch die FSA

Gewinne aus Krypto-Assets werden als allgemeines Einkommen besteuert

Australien

Krypto-Assets werden als immaterielle Vermögenswerte anerkannt

Registrierung von Krypto-Asset-Anbieter bei AUSTRAC erforderlich

Gewinne aus Krypto-Assets werden als Kapitalgewinne besteuert

Vorteile und Nachteile der neuen Regelung

Vorteile

Nachteile

Das Gesetz ist ein wichtiger Schritt, um die Rahmenbedingungen für Krypto-Assets zu schaffen, die in der Türkei als attraktive, aber unsichere Anlageinstrumente gelten

Das Gesetz konzentriert sich mehr auf die Struktur der Krypto-Asset-Anbieter und lässt grundlegende Regelungen wie die Besteuerung offen, was Unsicherheit schafft.

Das Gesetz soll sicherstellen, dass diejenigen, die Dienstleistungen in diesem Bereich erbringen, über eine solide Struktur verfügen, indem es Bedingungen für die Festlegung ihrer Tätigkeitsbereiche, Kapital- und Partnerschaftsstruktur sowie die Erteilung einer Lizenz für Krypto-Asset-Anbieter vorschreibt.

Die Vorschriften über die Lizenzierung und die Kapital-/Gesellschaftsstruktur bedeuten nicht, dass die Transaktionen von Krypto-Asset-Anbietern, die nicht den Anlegerentschädigungsbestimmungen der SPK unterliegen, staatlich abgesichert sind. Parallel zum MiCA gibt es im Gesetz keine Reservefonds-Regelung zum Investorenschutz im Insolvenzfall.

Es wurden Maßnahmen zum Schutz der Investoren ergriffen, wie z. B. das Verbot der Vermischung von Vermögenswerten von Krypto-Asset-Anbietern und Kundenvermögen, die Möglichkeit, aufgrund von Schulden der Dienstleister nicht auf die Investitionen der Kunden zuzugreifen, besondere Verfahren und strenge Strafen im Falle von Veruntreuung. 

Es wird kritisiert, dass sich diese Maßnahmen auf die Zeit nach der Verwirklichung des Risikos beziehen, d. h. nach dem Auftreten von Situationen wie Veruntreuung. Bevor sich das Risiko jedoch realisiert, d.h. bevor das Vermögen des Anlegers geschädigt wird, sollte eine Struktur wie z.B. ein Reservefonds, wie oben erwähnt, eingerichtet werden, der als eine Art Versicherung im Falle des Risikos fungiert.

Fazit

Das Gesetz über Krypto-Assets ist ein wichtiger Schritt zur Regulierung des Krypto-Ökosystems in der Türkei. Es führt einen umfassenden Rahmen ein, der zentrale Aspekte wie Lizenzierung, Marktüberwachung und Investorenschutz behandelt. Die mangelnde Klarheit in Bezug auf die Besteuerung von Krypto-Assets schafft jedoch Unsicherheit für die Marktteilnehmer.

Das Gesetz legt großen Wert auf die Struktur und Zulassung von Anbietern von Krypto-Assets und zielt darauf ab, die Solidität und Integrität dieser Unternehmen zu gewährleisten. Diese Maßnahmen sind zwar wichtig, reichen aber möglicherweise nicht aus, um Anleger vollständig vor potenziellen Risiken im Zusammenhang mit Krypto-Assets zu schützen.

Die Einrichtung eines Reservefonds oder eines ähnlichen Mechanismus zum Schutz der Anlegergelder im Falle einer Insolvenz oder anderer unvorhergesehener Ereignisse könnte den Rechtsrahmen weiter stärken. Darüber hinaus würde die Bereitstellung klarer und umfassender steuerlicher Leitlinien für Krypto-Assets die Rechtssicherheit erhöhen und die Beteiligung am Krypto-Markt fördern.



Autor: Emre Kurt